Autofahrer bald überwacht

Methoden zur Herstellung der Inneren Sicherheit: Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) setzt auf Rasterfahndung und automatisches Kennzeichen-Lesen. Als Hardliner sieht er sich deswegen aber nicht

„Die innere Sicherheit ist ein hohes Gut“, heißt es im Koalitionsvertrag von CDU und SPD in Schleswig-Holstein – nun wird das Wort mit Fleisch gefüllt: Gestern gab Innenminister Ralf Stegner (SPD) bekannt, mit welchen Waffen er das Polizeigesetz des Landes umsetzen will. Schleierfahndung, Rasterfahndung, präventive Telefonüberwachung lauten einige Stichworte – die unterschiedlich zu bewerten sind. Beispiel Rasterfahndung: Wäre sie zum Jahresende ausgelaufen, hätte sich Schleswig-Holstein anders verhalten als alle anderen Bundesländer, die den Datenabgleich erlauben.

Anders sieht es mit dem „automatischen Kennzeichen-Lesesystem“ aus: Das verwenden oder testen bisher nur Länder, die für eine härtere Linie bekannt sind. Vorreiter war Bayern, das den Einsatz der Kameraaugen an der tschechischen Grenze probte. Dabei wird jedes Fahrzeugkennzeichen automatisch gescannt, die Nummer wird per Computer mit Wagen auf der bundesweiten Fahndungsliste verglichen.

Dass der Norden damit in die vorderste Hardliner-Front vorrückt, sieht Stegner aber nicht: „Mein Bedürfnis, Bayern in dieser Hinsicht zu übertreffen, hält sich in Grenzen.“ In Schleswig-Holstein soll die Kameraüberwachung zunächst zwei Jahre erprobt werden – ab Frühjahr 2006. Es sei nicht geplant, feste Kontrollpunkte einzurichten. Vermutlich würden vor allem Transitstrecken ins Visier genommen, aber auch auf großen Parkplätzen „mag das Sinn machen“. Unklar ist bisher, wie viele Geräte angeschafft werden und wie teuer die Maßnahme wird. Ihren Zweck habe sie erfüllt, wenn die Polizei Zeit spare für andere Aufgaben und natürlich, wenn Straftäter gefasst würden. Gelinge das nicht, werde das System wieder abgeschafft, versprach Stegner, der das Gesetzespaket „ausgewogen, pragmatisch, modern“ nannte.

„Der SPD-Innenminister verabschiedet sich von der sozialdemokratischen Tradition“, erklärte dagegen der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki. Die Gesetzesreform gleiche einem „Schily-III-Paket“. Aber auch der ADAC mischt sich ein. Schon bei dem Testlauf in Bayern sagte laut Tagesspiegel ein Sprecher des Automobilclubs, sein Verband sehe „erhebliche datenschutzrechtliche Probleme“. Stegner betonte demgegenüber, dass Kennzeichen, die nicht auf der Fahndungsliste stehen, nach wenigen Sekunden gelöscht würden: „Es geht nicht darum festzustellen, wo jemand ist.“

Das neue Polizei-Gesetz hat das Kabinett passiert und muss nun noch die Landtagshürde nehmen. Dabei, versprach Stegner, würden die Bedenken des Landesdatenschutzbeauftragten einbezogen werden – wenn auch nicht in allen Punkten.

Weitere Bausteine des Gesetzes sind die Videoüberwachung an Brennpunkten, etwa vor Großleinwänden bei der Fußball-WM. Bei der Telefonüberwachung gibt es Ausnahmen, etwa für Gespräche zwischen Anwalt und Mandant, Arzt und Patient sowie Journalisten mit Informanten. Bestimmte Verschärfungen, die es in anderen Bundesländern gibt, schloss Stegner aus: Gezielter Todesschuss, elektronische Fußfessel, Verhaftung ohne Grund: „Das ist mit meinem Rechtsstaatsverständnis nicht vereinbar.“

An den Kennzeichen-Scannern wird Stegner selbst wohl für Verwirrung sorgen: „Ich habe für meinen Dienstwagen mehrere Nummernschilder, zur Tarnung.“ Esther Geißlinger