Langeweile? Na und?

DOMINANZ Nach der Demontage von Dortmund kann der FC Bayern nur noch die eigenen Rekorde toppen und wartet auf den eigentlichen Beginn der Champions League

Dortmunds Torhüter Roman Bürki beim etwas halbherzigen Versuch, sich Lewandowski in den Weg zu stellen Foto: Foto Tobias Hase/dpa

Aus München Maik Rosner

Die Meisterschaftsfrage mag ja am Sonntagabend viel von ihrem Reiz verloren haben, aber es gibt ja auch noch andere spannende Fragen. „Ich werde zwar weiter auf der Jagd sein nach ihm, aber für mich reicht’s erst mal“, sagte Thomas Müller über den Kollegen Robert Lewandowski. Je zwei Mal hatten die beiden Offensivspieler des FC Bayern getroffen im Topspiel der Bundesliga gegen Borussia Dortmund. Zunächst Müller mit seinen Saisontoren sieben und acht (26. und 35./FE), dann Lewandowski mit seinen Saisontoren elf und zwölf (46./58.). Zumindest in dieser Disziplin darf auch noch ein Dortmunder an Platz eins glauben. Pierre-Emerick Aubameyang war ja mit seinem zehnten Saisontor das zwischenzeitliche 2:1 gelungen.

Von dem Wunsch, den FC Bayern auf dem Weg zum vierten Meistertitel in Folge wenigstens ein bisschen stören zu können, wollten die Dortmunder nach dem Spiel nicht mehr so recht reden. „Was soll ich sagen, Pep?“, reichte Tuchel die Frage, ob diese Münchner zu stoppen seien, an den Kollegen Guardiola weiter. Der klar unterlegene Herausforderer gab die Antwort schließlich selbst. „Nein, natürlich nicht. Es ist abseits der Qualität die Atmosphäre, die Bayern München hat: die Haltung, die Gier, die Lust, die Bescheidenheit, die Schärfe“, sagte Tuchel.

Bisher waren es Gegner wie der Hamburger SV gewesen, die in München derart böse unter die Räder kamen. Mittlerweile unterläuft dies auch jenen Mannschaften, die noch am ehesten als Konkurrenz wahrgenommen werden können. 5:1 gewann der FC Bayern bereits gegen den Vorjahreszweiten VfL Wolfsburg, mit demselben Ergebnis demütigte der Branchenführer nun auch den aktuellen, nun ja, Verfolger. Das einst von Uli Hoeneß versprochene Fernglas reicht nicht mehr aus. Um den FC Bayern in seinen ganz eigenen Sphären noch erspähen zu können, bedarf es inzwischen weitaus feinerer Instrumente, die auch Einblicke jenseits des eigenen Vorstellungsvermögens gewähren.

Die Zwischenbilanz nach acht Spieltagen lässt nur den Schluss zu, dass die Dominanz der Münchner eine neue Stufe erreicht hat. Einen solch großen Vorsprung gab es zu diesem Zeitpunkt noch nie. Nach der Länderspielpause steht im Spiel bei Werder Bremen der Startrekord von neun Siegen in neun Spielen in Aussicht. Vermutlich dürfte es für den FC Bayern in dieser Saison ohnehin nur darum gehen, die zumeist eigenen Rekorde noch einmal zu toppen. Darum, die Schale erstmals zum vierten Mal hintereinander in Empfang zu nehmen. Oder darum, die 102 Tore aus der Saison 1971/72 zu überbieten oder erstmals ohne Niederlage durch die 34 Spieltage zu kommen.

Mittlerweile kommen auch Teams unter die Räder, die noch als Konkurrenz wahrgenommen werden

Selbst dem FC Bayern scheinen die neuen Dimensionen, in die er gerade vorstößt, ein bisschen unheimlich zu sein. „Acht Bundesligaspiele, acht Siege ist Wahnsinn. Das habe ich nie in meiner Trainerkarriere gehabt“, sagte Guardiola. Sprich: Auch mit dem FC Barcelona war ihm das nicht vergönnt. Und er ahnt, dass es nun vor allem darum gehen wird, keinen Spannungsabfall zuzulassen, der die internationalen Ziele gefährdet. „Wenn ein Spieler denkt, es ist vorbei, wird dieser Spieler ein großes Problem mit seinem Trainer bekommen“, warnte Guardiola schon einmal vorsorglich.

Seine Kicker haben die Lehren der Vergangenheit offenbar verinnerlicht. „Wir dürfen nicht den gleichen Fehler machen wie letzte Saison, als wir unsere Form verloren haben“, erinnerte Lewandowski. In der Champions League soll die Bestätigung für die Ausnahmestellung ja folgen. Dass bei diesem Ansinnen die Spannung in der Liga auf der Strecke bleibt, haben die Münchner gar nicht so richtig bestritten nach ihrem Meisterstück im Oktober. Man müsse eben einen Spagat bewältigen, zwischen der Liga „und der Chance, die Champions League zu gewinnen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge, „und ich weiß, dass die richtige Champions League erst im Februar beginnt“. Selbst dort ist die Gruppenphase mittlerweile nur noch eine Pflichtübung. Und die Langeweile, in der ersten Jahreshälfte in Europa und vor allem in der Bundesliga zwischen dem 8. und 34. Spieltag? „Darüber mache ich mir keine Gedanken, das ist nicht unsere Aufgabe“, sagte Rummenigge.