Knapp an der Sensation vorbei

VOLLEYBALL Die Berlin Volleys werden nach der Niederlage in der Champions League gefeiert

Selten durfte sich die unterlegene Mannschaft derart frenetisch feiern lassen wie die Berlin Volleys am Mittwochabend in der Max-Schmeling-Halle. Nach der 2:3-Niederlage im Achtelfinal-Hinspiel der Volleyball-Champions-League gegen den Titelverteidiger Zenit Kazan aus Russland schritten die Berliner durch ein Spalier von knapp 7.000 begeisterten Zuschauern und schüttelten die ihnen entgegengestreckten Hände.

Auch wenn die Gesichter der deutschen Champions die Freude über einen hochdramatischen Abend widerspiegelten, so trauerten die Volleys-Akteure doch einem vergebenen Coup nach gegen die als übermächtig eingestuften Russen. „Schade, wir waren so nah dran“, klagte der Australier Paul Carroll, der die Kazaner mit seinen Schmetterschlägen mehrfach in Verlegenheit brachte.

Sie waren wirklich nah dran: 16:18 im entscheidenden Tiebreak, das ist die beinahe knappste aller denkbaren Niederlagen. „Wenn man im fünften Satz mit 13:11 führt, kann man sich schon in den Hintern beißen“, sagte Volleys-Manager Kaweh Niroomand, während er seine in die Kabine trottenden Spieler mit Lob überschüttete. „Toll gespielt“ und „Superleistung, klasse“, entfuhr es ihm, der sich letztlich doch als Sieger fühlte. „Ich hatte die Befürchtung, wir werden hier vorgeführt“, erzählte der Volleys-Chef, der bestenfalls auf einen PR-Erfolg gehofft hatte. O-Ton Niroomand vor dem ersten Aufschlag in der Schmeling-Halle: „Für unseren Bekanntheitsgrad in Europa ist dieses Spiel unbezahlbar.“

Denn Zenit gilt als die Übermannschaft in der Volleyball-Meisterklasse Europas. Als eine Art Bayern München der Branche, in der man die Berliner, um im Bild zu bleiben, bestenfalls als FSV Mainz einstufen kann. Die Mannschaft aus der russischen Teilrepublik Tatarstan spazierte ungeschlagen durch die Vorrunde. Sechs Siege fuhr Zenit ein, ohne auch nur einen einzigen Satz abzugeben.

Zenits Kader ist gespickt mit Superstars. Sechs Olympiasieger hat Coach Vladimir Alekno im Team. Kazans Maxim Mikhailov wurde in den Reihen des Goldmedaillengewinners Russland zum besten Angreifer bei Olympia in London gewählt. Die US-Legionäre Matthew Anderson und David Cameron Lee geben dem Team internationales Flair. Nicht zu vergessen der Italiener Valerio Vermiglio, den Berlins Coach Mark Lebedew zu „einem der besten Zuspieler der letzten zehn Jahre“ adelte.

Matchball gescheitert

Und diesen Elitekader brachten die Berlin Volleys in zwei hochklassigen Stunden an den Rand einer Niederlage. Mit 2:1-Sätzen gingen die Berliner in Führung. Beinahe hätte der vermeintliche Volleyball-David, der in der Vorrunde bereits Lok Nowosibirsk bezwingen konnte, den nächsten Goliath aus der Erfolgsspur geschleudert. „Wir hatten nichts zu verlieren. Zenit war teilweise geschockt“, kommentierte Carroll den Krimi in Prenzlauer Berg. Schließlich siegten die Gäste aufgrund ihrer Nervenstärke – sie wehrten einen Matchball ab. Dem Rückspiel am 22. Januar in Kazan sieht Volleys-Trainer Lebedew wenig optimistisch entgegen: „Wir fahren als Außenseiter nach Russland.“

Zunächst müssen die Berliner die Pflicht in der Bundesliga erledigen. Da gastiert am Samstag der VC Dresden in der Schmeling-Halle. Nach bisher 14 Saisonspielen führen die BR Volleys die Liga ungeschlagen mit 28:0 Punkten an. „Wir haben jetzt gute Chancen, die Hauptrunde als Tabellenerster abzuschließen. Es liegt nun in unserer Hand, dieses Ziel zu verwirklichen“, sagte Trainer Lebedew. JÜRGEN SCHULZ