Trainerrauswurf trotz Platz eins

Fußball II Trotz großer spielerische Erfolge setzte der Tabellenerste VfB Oldenburg sein Trainergespann ab. Die Spieler bestreikten daraufhin das Training. Gestern saß erstmals der neue Trainer auf der Bank

Meldungen über den VfB Oldenburg wurden zuletzt oft mit einem In-Oldenburg-sind-die-verrückt-geworden-Reflex aufgenommen. Bestenfalls mit Ambitionen auf einen Mittelfeldplatz gestartet, fand sich das Team ganz oben in der Regionalliga wieder. Doch gerade, als sich mit der eroberten Tabellenführung so etwas wie Fußball-Euphorie rund um das heimische Marschwegstadion breit machte, setzte der Verein seine Trainer an die Luft.

Unter dem neuen Coach Dietmar Hirsch gewann der VfB gestern beim noch sieglosen Tabellenschlusslicht TSV Schilksee trotzdem mit 0:4 Toren. Hirsch saß bei der Partie zum ersten Mal auf der Bank. Bis April 2014 führte er den Drittligisten SV Elversberg. Die Ausgangssituation in Oldenburg ist für den neuen Trainer eine Herausforderung.

Wie stark die Spannungen zwischen Vereins- und Teamführung waren, wurde vor zwölf Tagen mit der Entlassung von Co-Trainer Boris Ekmescic offenbar. Der 50-Jährige, einst umjubelter Torjäger beim VfB, stolperte über einen Streit mit einem Anhänger. Hässliche Wörter sollen nach einem Auswärtsspiel gefallen sein, auch später im Gespräch mit der Vereinsführung. Die reagierte mit der fristlosen Entlassung des Co-Trainers. Cheftrainer Predrag Uzelac schäumte. Auch die Spieler forderten die Rücknahme der Entlassung, bestreikten gar das Training. Kurz schien es unsicher, ob der VfB überhaupt noch eine Mannschaft zusammenbekommen würde.

Die Klubführung setzte tags darauf auch Uzelac an die Luft. Präsident Wilfried Barysch sah das Vertrauensverhältnis zerstört. Uzelac kündigte in der Nordwest-Zeitung an, einen Anwalt einzuschalten.

Die Mannschaft protestierte nun leiser gegen die Entlassung des Trainer-Duos – mit Dankesbotschaften auf den Shirts unter den Trikots beim Spiel in Goslar, nicht aber mit weiterer Arbeitsverweigerung. Vorerst hatte die Vereinsführung den Machtkampf gewonnen.

Unter der Hand ist zu erfahren: Fachmann Uzelac sei in seinen elf Monaten beim VfB zwar erfolgreich gewesen, Differenzen über die Ausrichtung der zweiten Mannschaft habe es mit der Vereinsführung aber schon lange gegeben. „Der Cheftrainer darf seine Arbeit nicht allein auf die erste Mannschaft reduzieren“, sagte Geschäftsführer Philipp Herrnberger.

Nun versucht es Hirsch, einst Bundesliga-Profi für Mönchengladbach, Unterhaching, Duisburg und Rostock, später auch Spieler und bis zur Insolvenz 2009 Sportdirektor beim VfB Lübeck. Seit 2013 besitzt der 43-Jährige die Fußballlehrer-Lizenz, wenig später stieg er in Elversberg ein. Zuletzt trainierte er vereinslose Profifußballer.

In Oldenburg soll Hirsch junge Spieler weiterentwickeln – und den Spitzenplatz in der Tabelle halten. Alles über den Haufen werfen, wolle er nicht, sagte Hirsch. Er weiß, dass das Kopfschütteln über den Rauswurf seines Vorgängers nur aufhören wird, wenn die Ergebnisse stimmen. Auch gegen schwere Gegner: Kommenden Samstag muss die Mannschaft das beim Tabellenzweiten VfL Wolfsburg II beweisen. Ole Rosenbohm