Neben gutem Willen benötigt Helfen auch Organisation und Struktur  Foto: Nicolas Armer/ dpa

Nur gut gemeint reicht nichtaus

FORTBILDUNG Immer mehr Menschen engagieren sich freiwillig für Flüchtlinge. Doch sinnvolles Engagement will gelernt sein – und kann durchaus auch erlernt werden

von Stefanie Diemand

Immer mehr Menschen sind bereit, sich ehrenamtlich für Flüchtlinge einzusetzen. Aber was gut gemeint ist, hilft nicht unbedingt immer. „Auch in der Freiwilligenarbeit braucht es Organisation und Struktur“, sagt Christina Maria Huber, Referentin für freiwilliges Engagement beim Diakonischen Werk in Hamburg. Deshalb bieten immer mehr erfahrene Träger und Organisationen kostenlose Fort- und Weiterbildung an.

Hilfe ohne geschulte Unterstützung kann Folgen für Asylbewerber und Helfer haben. Das beginnt schon bei der anfänglichen Euphorie: „Schwierig wird es, wenn voller Motivation Sachen versprochen werden, die nicht gehalten werden können“, sagt Huber. Wer einem Flüchtling versichert, dass er im Land bleiben kann, wird sein Versprechen spätestens beim Gespräch mit dem Anwalt bereuen. „Keiner von uns kann die Welt retten.“ Auch dass „man ein Leben verbessern kann“, sei allgemein „wahr, aber nicht sofort erlebbar“. Was für Sozialarbeiter alltäglich ist, müssen Ehrenamtliche erst lernen.

Lernen müssen sie auch, dass nicht jede Hilfe zu jedem Helfer passt. So sollte nicht jeder Mensch das leer stehende Gästezimmer vermitteln. „Flüchtlinge brauchen mehr als nur eine warme Decke“, sagt Paul Steffen, Leiter der Jungen Akademie für Zukunftsfragen im Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein. Das können nicht alle Helfer leisten.

Viele Betroffene kommen aus Kriegsregionen, die Zustände im Land und die hochgefährliche Flucht war erschütternd für sie. Der Umgang mit traumatisierten Menschen fordert Sensibilität und viel Erfahrung. Wer die Aufnahme eines Betroffenen plant, muss auch mit seinem Leiden umgehen können. Das fällt sogar manchen Hauptamtlichen schwer. Die Bildungsangebote der Organisationen sollen den Umgang miteinander schulen.

Freie Träger raten davon ab, Flüchtlingen auf eigene Faust zu helfen. Organisationen und Träger bieten hier häufig Weiterbildungsangebote an. Allerdings passen für viele Freiwillige Ausbildung und Ehrenamt nicht zusammen. Dabei kann eine Fortbildung helfen, die eigene Rolle in der Flüchtlingsarbeit zu finden.

Wer zum ersten Mal aktiv werden will, lernt während eines Seminars die verschiedenen Möglichkeiten kennen. Wer beispielsweise als Gruppenleiter agiert, kann die Struktur innerhalb der eigenen Initiative stärken.

Die Fortbildung zum Flüchtlingskoordinator ist kostenlos. Hier spielt vor allem das gemeinsame Reflektieren eine besondere Rolle. Denn wer auch mal „Nein“ sagen kann, bekommt eine gesunde Haltung als Freiwilliger. Das dreitägige Seminar der Diakonie Hamburg fördert das Aufbauen von Strukturen. Viele der Berater sind das erste Mal in der Flüchtlingshilfe aktiv. Andere möchten eine eigene Initiative gründen. „Es ist eine Tätigkeit mit Personalverantwortung – auch, wenn sie nicht bezahlt wird“, sagt Huber.

Das Diakonische Werk in Hamburg bildet FreiwilligenkoordinatorInnen aus. Informationen: www.diakonie-hamburg.de

Weitere Initiativen sind auf der Internetseite „Hamburgasyl“ gelistet. Regelmäßig findet ein Vernetzungstreffen statt. Informationen: www.hamburgasyl.de

Im Bereich Traumapädagogik bietet die Diakonische Jugendhilfe Bremen Fortbildungen an. Informationen: www.jub-bremen.de

Der Flüchtlingsrat Bremen bietet regelmäßig Vorträge über Flüchtlingshilfe an. Informationen: www.fluechtlingsrat-bremen.de

Was wie eine Ausbildung zum Sozialarbeiter klingt, soll Hauptamtliche aber nicht ersetzen. Auch nach einer Weiterbildung könne man sich nicht die Aufgaben eines Festangestellten zumuten. Denn wenn die Freiwilligenarbeit die gleiche Zeit wie ein Fulltime-Job einnimmt, führe das nur zu Überforderung.

„Es ist wichtig, Aufgaben auch an Hauptamtliche weiterzugeben“, sagt Huber. Ehrenamt dürfe und solle nicht dazu dienen, hauptamtliche Arbeit zu ersetzen. „Freiwilliges Engagement gehört zu unserer Zivilgesellschaft“, sagt Huber. „Das kann ein Staat nicht erreichen.“

Steffen begrüßt jedes Engagement, so „hemdsärmlig“ es auch beginne. Am wichtigsten sei es, sich nicht frustrieren zu lassen. Wer an die eigenen Grenzen stoße, habe erst einmal alles richtig gemacht.

Nur entmutigen lassen dürfe man sich davon nicht. Ein Helfer dürfe auch Fehler machen, denn, da ist Steffen sich sicher: „Am Ende sind auch die nicht umsonst.“