Luftballons am Stacheldrahtzaun

Asyl „Wilhelmstadt hilft“ heißt am Montag 700 Flüchtlinge in der Spandauer Kaserne willkommen

Auf ihrem neongrünen T-Shirt prangt das Wort „Willkommen“ in mehreren Sprachen. Melissa Tanoku will genau das: „Den Flüchtlingen das Gefühl geben, willkommen zu sein.“ Die 23-Jährige gehört zur Initiative „Wilhelmstadt hilft“.

Am vergangenen Mittwoch war bekannt geworden, dass in der Knobelsdorf-Kaserne in Wilhelmstadt in Spandau weitere Hunderte Flüchtlinge unterkommen sollen. Im Lauf des Montags trafen dann aus München Busse mit insgesamt 696 Flüchtlingen ein. Einige Dutzend Freiwillige begrüßten die Flüchtlinge. Darunter viele Mitglieder von „Wilhelmstadt hilft“.Erst Ende vergangener Woche hatten einige Spandauer auf Facebook die Gruppe „Wilhelmstadt hilft“ gegründet. Am Montagnachmittag zählte sie bereits 1.000 Mitglieder. Viele wollen Kleider, Decken und Lebensmittel spenden, andere diskutieren, wie man Deutschkurse auf die Beine stellen kann. Die Facebook-Plattform dient vor allem der Organisation.

Wie gut die bereits funktioniert, zeigt ein Eintrag von Montag, 11 Uhr: „Es besteht dringender Bedarf an Umzugskartons.“ Zwei Stunden später fährt vor der Kaserne ein blauer BMW vor; im Kofferraum und auf der Rückbank stapeln sich etwa 50 Pappkartons. In den Kartons sollen die vielen Kleiderspenden sortiert werden. „An die Flüchtlinge verteilt werden sie wohl erst am Dienstag“, sagt Tanoku.

Am Montagnachmittag wollen die meisten sowieso erst mal nur schlafen. Hadi Abd-Aldaem ist einer der wenigen, die wach sind. „Ich fühle mich wohl und bin froh, endlich hier zu sein“, sagt der 19-jährige Syrer.

Am Stacheldrahtzaun neben dem Eingang baumeln noch einzelne bunte Luftballons. Daneben hängen Überbleibsel einer Girlande. Hier haben die Freiwilligen die Flüchtlinge begrüßt – mit arabischer Musik und Pappschildern.

Den ganzen Tag über trifft man in der Knobelsdorf-Kaserne zahlreiche Spandauer, die Spenden anschleppen. Woher kommt diese Hilfsbereitschaft? „Das ist ein Gebot der Menschlichkeit“, sagt Barbara Akida. Sie wohnt direkt gegenüber der Kaserne und hat Regale, Decken und Stühle gespendet. Die 77-Jährige erinnert sich, wie ihre Verwandtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg aus Ostpreußen geflohen war. „Die haben wir damals doch auch aufgenommen.“ Julian Rodemann