Berliner Szenen
: Kommerz für Kinder

Horrorstadt

FEZitty. Voll cool. Da kann man arbeiten und Geld verdienen

Das Kind hatte mir schon seit Wochen mit der Geschichte in den Ohren gelegen. Seitdem Amir ihm davon erzählt hatte. FEZitty. Voll cool. Da kann man arbeiten und Geld verdienen und sich davon was kaufen.

Na gut. Will man ja nicht so sein. Was soll man sonst machen an diesen Sommerferientagen. Also U6, Ringbahn, S2 oder so. Wuhlheide.

Andere Welt. Auf dem Weg fabuliert das Kind: Das wird so cool. Was kann man alles werden? Stell dir vor, so: Pilot, ey! Ich fliege dann so. Ey, ich drücke auf alle Knöpfe und fliege oben über allen herum. Echt! Und dann kauf ich mir Lego.

Drinnen dann: Teppichboden. Eltern-verboten-Schilder. Eh voll okay. Ich will eh nur im „Elterngarten“ lesen und mich nicht einmischen dürfen. Und dann. Pass bekommen. Jobcenter. Kinder mit Checkermiene hinter Schaltern.

Das Kind kommt zurück, so klein mit Hut. Das kleine Gesicht plötzlich so weiß und hart, und ich weiß wieder genau, wie sich das anfühlt: das Weinen verbeißen.

Kleinlaut: Ich bin Student. – Weißt du, was das ist? – Weinen verbeißend: Nein.

An der Uni-Anmeldung wieder Checkerkinder. Ich so: Ey, das sind doch nur Kinder.

Und weiß in diesem Moment, was der wahre Horror ist. Es ist nicht, dass es hier um Job­suchen-Geldverdienen-Geldausgeben geht und die Eltern darüber geiern, dass ihre Sprösslinge genug abkriegen. („Finn! Stell dich an da jetzt! Na, mach schon!“)

Es ist, dass sie Kinder sind. In der echten Welt sind die Leute zumindest in der Lage, höflich zu sein. Zuvorkommend. Hilfsbereit. Kinder sind aber nicht so. Es ist eine Horrorvision, eine Gesellschaft der Psychopathen. Oder, nee, es ist ja eigentlich genauso. Eigentlich ist dieses ­FEZitty die perfekte Vorbereitung auf das Erwachsensein. Ey.

Kirsten Reinhardt