Neues Konzept für Klinik: Der Osten soll weniger kosten

Die geplante Umstrukturierung des Klinikums Bremen-Ost sorgt für Unruhe beim Osterholzer Beirat und der Linken. Das Verfahren sei intransparent.

Klinikum Bremen-Ost

Bald könnten OP-Säle leer stehen: Klinikum Bremen-Ost. Foto: Wikimedia

BREMEN taz | Das Klinikum Bremen-Ost (KBO) wird sich verändern – wenigstens das ist sicher. Hinter verschlossenen Türen arbeitet die Klinik-Holding Gesundheit Nord (Geno) an einem neuen Konzept für das Krankenhaus an der Züricher Straße.

Die Umstrukturierung hat der Senat in Auftrag gegeben: Entsprechende Prüfaufträge stehen im rot-grünen Koalitionsvertrag – und sollen zum Jahresende umgesetzt sein. Doch statt die Zeit zu nutzen, kritisiert nun die Linke, habe die Geno noch vor der politischen Diskussion in einer Hauruck-Aktion Fakten geschaffen.

Gemeint ist damit die Schließung der Unfallchirurgie Anfang dieses Monats: Als der bis dahin leitende Oberarzt Richard Delebinski als Chefarzt ans Klinikum Nord wechselte, wurde die Stelle nicht neu besetzt und ein bereits laufendes Bewerbungsverfahren gestoppt. Nicht nur die Opposition, sondern auch die Osterholzer Beiräte sind alarmiert. Sie fürchten um die Arbeitsplätze vor Ort und um den Ruf ihrer Klinik.

Wichtig für das Haus sei ein „breites Portfolio“, sagt der Osterholzer Beiratssprecher Wolfgang Haase (SPD). Dazu gehören am KBO neben der Psychiatrie derzeit noch die Zentren für Lungenmedizin und minimalinvasive Chirurgie – beides Kürzungskandidaten. Die Beiräte befürchten die Erosion der medizinischen Infrastruktur, selbst wenn die Grundversorgung im Stadtteil sichergestellt sei, wie Geno und Senat betonen.

Der Koalitionsvertrag schlägt vor, den Schwerpunkt auf Psychiatrie, Geriatrie und neurologische Frührehabilitation zu legen. Verabschieden würde man sich so vor allem vom Operationsgeschäft, das im Klinikum Mitte konzentriert würde. Die Unfallchirurgie ist bereits dort untergekommen – „temporär“, wie es heißt.

Offene Fragen und Diskussionsbedarf gäbe es auch dann reichlich, wenn der im Koalitionsvertrag vorgezeichnete Weg eingeschlagen würde. Die Psychiatrie etwa zählt bereits heute zum Kerngeschäft des KBO, wird aktuell jedoch grundsätzlich umgestaltet: Stationäre Betten werden reduziert und die Schwerpunkte der einzelnen Fachbereiche stehen zur Diskussion.

Auch bei der Geriatrie, dem zweiten anvisierten Schwerpunkt, gibt es Klärungsbedarf. Denn eine eigene Altenmedizin braucht im Grunde ohnehin jeder Stadtteil, da die Einbeziehung der Lebenswelt alter Menschen unstrittig als unerlässlich für den Heilerfolg gilt.

Der Diskussion – auch der ökonomischen – wolle sich der Beirat keinesfalls versperren, sagt Sprecher Haase. Wichtiger scheint den Osterholzern zu sein, die Argumente überhaupt erst einmal mitgeteilt zu bekommen. Zumindest in Sachen Unfallchirurgie standen die AnwohnerInnen vor vollendeten Tatsachen.

Auf der Beiratssitzung Ende Juli hatte Geno-Geschäftsführerin Jutta Dernedde einen entsprechend schweren Stand. Aufgebrachte BürgerInnen und Betriebsräte haben auch gleich ihre Mobilisierungsfähigkeit unter Beweis gestellt: Fast 10.000 Unterschriften gegen die Eindampfung ihres Krankenhauses konnten die Osterholzer der Geno überreichen.

Die geplanten Verschiebungen ans Klinikum Bremen-Mitte sind keine völlig neue Idee. Bereits vor zehn Jahren hat sich aus dem Beirat eine fraktionsübergreifende Bürgerinitiative gegen eine solche Klinikreform gegründet – und mit für Stadtteilpolitik beachtlicher Personenstärke für den Bestand ihres Krankenhauses gekämpft. Der Erfolg von damals ist nicht vergessen: „Wir sind breit, auch diesmal wieder für unsere Klinik auf die Straße zu gehen“, sagt Beiratssprecher Haase zur taz.

Immerhin hat die Geno-Geschäftsführung noch auf der Sitzung zugesagt, die Stadtteilvertreter in die weitere Planung einzubinden. Laut Haase hat es inzwischen auch tatsächlich erste Gespräche gegeben. Auch mit der neuen Gesundheitssenatorin Quante-Brandt (SPD) habe er inzwischen telefoniert.

Aus dem Streit um die Unfallchirurgie aber hält sich die Politik heraus: Die personelle Neubesetzung falle nicht in den Aufgabenbereich der Regierung, antwortete der Senat auf Anfrage der Linksfraktion. Auch erkenne man darin „keine Weichenstellung für die zukünftige Ausgestaltung der medizinischen Leistungsangebote am Standort“.

Ob die mutmaßliche Sparmaßnahme denn wenigstens rechnerisch sinnvoll sei, wusste der Senat auch nicht so genau: Verlässliche Aussagen über mögliche Erlösausfälle seien für solche temporären Maßnahme schwer zu treffen, hieß es.

Und überhaupt: Den Ausfällen im Osten stünden dann ja auch höhere Einnahmen im Klinikum Mitte gegenüber. An gleicher Stelle bemerkte allerdings auch der Senat, dass Kliniken im Umland zur Grundversorgung beitragen würden. Zumindest deren Einnahmen dürften der Geno entgehen.

Konkrete Pläne für das KBO sollen laut Geno dann im September vorliegen. Für Beiratssprecher Hasse heißt das „angespanntes Warten“, so sagt er – „mit ein bisschen Misstrauen“.

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