Intelligente Stauräume, nicht wirklich zu sehen

UMWELT Auf einer Bootstour über die Spree wurde der Umbau der Berliner Kanalisation erklärt

„Have fun – we are propelled by the sun“ steht auf den Planken. Zwei Dutzend Journalisten schreiten darüber, als sie am Montag den Solar-Katamaran „Solon“ betreten. Eingeladen haben die Senatsumweltverwaltung sowie die Berliner Wasserbetriebe (BWB), es geht bei der Bootstour um das Sanierungsprogramm, mit dem seit bald 20 Jahren die Berliner Kanalisation ausgebaut wird.

Warum Millionen in unterirdische Röhren investiert werden? Wegen Ereignissen wie dem vom 12. Juni: Da lief nach einem Gewitter mal wieder die Mischkanalisation für Regen und Abwasser über, die Brühe ergoss sich in die Spree und verursachte ein Fischsterben.

„Acht Tonnen mussten aus dem Wasser geholt werden“, weiß Senator Andreas Geisel (SPD). So etwas lasse sich nie ganz vermeiden – aber eben minimieren. Geisel ist gut aufgelegt, der Katamaran gleitet lautlos über den sonnengleißenden Fluss. Er selbst ist heute Sonnyboy: Unterm dunklen Blazer trägt er das weiße Hemd offen und braune Lederslipper mit unsichtbaren Socken.

BWB-Chef Jörg Simon in Anzug und Krawatte wirkt dagegen etwas steif, und unbequeme Fragen stellt man ihm auch: zu „Spree2011“ nämlich, dem Alternativmodell eines Schmutzwasser-Puffers in Form von Tanks, die unter Wasser aufs nächste Überschwappen warten.

Erfunden hat „Spree2011“ der Ingenieur Ralf Steeg, seit einigen Jahren betreibt er eine Pilotanlage im Osthafen. Die funktioniert, aber die Wasserbetriebe fahren ihre eigene Strategie und wollen Steeg sein Modell nicht abkaufen. Nur die Pilotanlage werden sie wohl übernehmen.

Immerhin – von Steegs Anlage kann man etwas sehen, während die intelligenten Stauräume, über die Simon und seine Leute sprechen, vom Schiff aus unsichtbar bleiben. Einziges Highlight der Tour ist das Belüftungsschiff Rudolf Kloos, das Sauerstoff in die Spree pumpt. Ist es Zufall, dass es sich genau in dem Moment, als der Katamaran die umstrittene „Spree2011“-Anlage passiert, dazwischenschiebt? Ja, natürlich: Wer würde sich denn eine solche Gemeinheit ausdenken? Claudius Prößer