Und die Thompson knattert wieder

JUNGSFILM Trotz des überzeugenden Josh Brolin in der Rolle eines hartgesottenen Polizisten kann Ruben Fleischers „Gangster Squad“ dem historisch angelegten Gangsterfilm keine neue Facette hinzufügen

Trotz erlesener Ausstattung hat man nie das Gefühl wirklich im L.A. der späten 40er-Jahre zu sein

VON ECKHARD HASCHEN

Verglichen mit Horrorfilmen haben Gangsterfilme im Kino zurzeit nicht gerade Hochkonjunktur. Während erstere in großer Zahl und zumeist gleich als Franchise produziert werden, gibt es letztere nur immer mal wieder, und dann stets als Einzelstück. So kann man die Eröffnungsszene von „Gangster Squad“, in der Mickey Cohen (Sean Penn) einen Widersacher mit Hilfe von zwei an Autos befestigten Seilen wie ein Croissant in Stücke reißen lässt, durchaus als Zugeständnis des großen an den inzwischen übermächtig gewordenen einstmals kleinen Bruder unter den Filmgenres lesen. Was aber nicht heißt, dass die Thompson-Maschinenpistole wie schon in den klassischen Gangsterfilmen der dreißiger Jahre nicht auch hier das bevorzugte Instrument ist, mit dem Gegner kurzerhand ausgeschaltet werden.

Wie bei einigen der markantesten Gangsterfilmen der jüngeren Filmgeschichte von Brian De Palmas „The Untouchables“ über Curtis Hansons „L.A. Confindential“ und Lee Tamahoris „Mulholland Falls“ bis zu Michael Manns „Public Enemies“ steht auch in Ruben Fleischers „Gangster Squad“ nicht der Gangster mit seiner Gier nach mehr im Zentrum des Geschehens, sondern der Polizist, der dessen skrupellosem Treiben ein Ende setzen will. Und der dabei mehr oder weniger die gleichen Mittel einsetzen muss.

Wir befinden uns im Los Angeles des Jahres 1949 – dem Jahr, in dem der hier mehrfach ins Bild gerückte Schriftzug „Hollywoodland“ in den Hollywood Hills um die letzten vier Buchstaben verkürzt wurde. Auch wenn der Trubel um den Fall der Black Dahlia allmählich verflogen ist und sich der Gangster Benjamin „Bugsy“ Siegel nach Las Vegas abgesetzt hat, um dort ein eigenes Imperium zu errichten, hat die Polizei das Verbrechen in der Stadt der Engel alles andere als unter Kontrolle – von der Korruption in den eigenen Reihen einmal ganz abgesehen.

Der König der Unterwelt ist der in Brooklyn aufgewachsene jüdische Gangster Mickey Cohen, den ein die Falten seiner 52 Jahre nicht verbergender Sean Penn als machtbesessenen Psychopathen gibt. Der ehemalige Boxer ist als eine Art verlängerter Arm von Meyer Lansky von Chicago nach L.A. gekommen und kontrolliert dort nun Prostitution und Drogenhandel, hat seine Finger aber auch in illegalen Waffengeschäften. Um ihm das Handwerk zu legen, beauftragt Parker (Nick Nolte), der neue Leiter es LAPD den Kriegshelden Sgt. John O’Mara (Josh Brolin) mit der Bildung einer neuen Einheit, dem Gangster Squad. Mit Anklängen an „Die sieben Samurai“ beziehungsweise „Die glorreichen Sieben“ rekrutiert O’Mara seinen Kriegskameraden Sgt. Wooters (Ryan Gosling), der mit Cohens Gespielin (Emma Stone) anbändeln soll, einen robusten schwarzen Straßenpolizisten (Anthony Mackie), einen alten Scharfschützen (Robert Patrick) einen Abhörspezialisten (Giovanni Ribisi) und einen jungen Mexikaner (Richard Peña). Unter dem Motto: „Wir lösen hier keinen Fall, wir führen Krieg,“ dringt der noch vergleichsweise bescheiden bewaffnete Trupp am Ende in Cohens Luxus-Anwesen ein.

Irgendwie scheint Ruben Fleischer („Zombieland“) keinen rechten Zugriff auf sein Material gefunden zu haben, welches - natürlich – auf Tatsachen beruht. Trotz erlesener Ausstattung hat man nicht das Gefühl, wirklich im L.A. der späten 40er-Jahre zu sein. Mit dem digitalen Kino kann das eigentlich nur am Rande zu tun haben. So gern man Sean Penn agieren sieht, ist sein Gangster erschreckend eindimensional angelegt. Der wirkliche Mickey Cohen soll zum Beispiel echten Humor besessen haben. Allein Josh Brolin erreicht als hartgesottener Polizist eine Glaubwürdigkeit, die zuweilen an Russel Crowe in „L.A. Confidential“ erinnert. Ansonsten lässt einen das Gefühl nicht los, dies alles schon mal besser gesehen zu haben.