E-Mail für dich

POSSE Der Streit zwischen Skistar Anna Fenninger und dem Österreichischen Skiverband beschäftigt nun schon zwei Staatsanwaltschaften

Verdammt vermarktbar: Anna Fenninger Foto: dpa

WIEN taz | Am 11. Mai schickte Anna Fenninger, Österreichs und der Welt beste Skifahrerin, dem Österreichischen Skiverband (ÖSV) eine E-Mail, in der sie sich über mangelnde Wertschätzung und die Ablehnung ihres Stuttgarter Managers Klaus Kärcher beklagte. Drei Stunden später landete die Mail bei der österreichischen Sportwoche und wurde auf deren Internetseite Sportnet veröffentlicht.

Die Öffentlichkeit solidarisierte sich mit der Skifahrerin, über den ÖSV und dessen autoritäre Behandlung der Sportler erging in den sozialen Medien ein Shitstorm. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel versicherte wiederholt, die Indiskretion sei nicht aus dem ÖSV gekommen, weil der dazu „keinen Grund“ habe. Doch am 8. Juli gestand der ÖSV-Mitarbeiter Paul S., Fenningers Mail an die Presse weitergeleitet zu haben, er wurde sofort fristlos entlassen.

Paul S. stand nicht auf Fenningers Adressatenliste, er muss die Mail also von jemandem innerhalb oder außerhalb des ÖSV erhalten haben. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel kündigte im ORF an, nach dem Informanten von Paul S. zu suchen. Die Aufregung ist verständlich, schließlich hat Paul S. das Vertrauen seines Arbeitgebers ÖSV missbraucht. Die Tiroler Tageszeitung zitiert den Innsbrucker Staatsanwalt Hansjörg Mayr, der von „entsprechenden Ermittlungen“ der Kriminalpolizei wegen des Verdachts des Verstoßes gegen den §120 Absatz 2a StGB spricht. Dabei handelt es sich um das unbefugte Weiterleiten von Nachrichten. Strafrahmen: drei Monate Haft.

Doch die Aufregung verdeckt einen anderen Umstand. Irgendjemand im ÖSV versuchte nämlich, die Indiskretion mit Fenningers Mail dem Management der Athletin anzuhängen. Das Motiv? Mutmaßlich die Diskreditierung des Managers Klaus Kärcher, der nach Schröcks­nadels Worten „nur das Geld im Kopf hat“.

Laut ÖSV soll Fenningers Mail mit einem Account weitergeleitet worden sein, der Ute Kärcher, der Frau von Fenningers Manager gehört. Die CyberCrime Unit der Kriminalpolizei in Stuttgart, wo Kärchers Agentur zu Hause ist, untersuchte die Vorgänge. Ergebnis: Die zur Weiterleitung verwendete Email-Adresse sabine_r1962@gmx.de wurde extra für den Anlass angelegt und hat mit Kärchers Frau nichts zu tun. Schröcksnadel kennt diese Ermittlungsergebnisse seit rund sechs Wochen. Doch er hat bisher keine öffentlich erkennbare Konsequenz gezogen.

Die Spur zu Ute Kärcher wurde mittels einer handschriftlichen Notiz gelegt, die einen Zusammenhang zwischen Kärchers E-Mail-Account und sabine_r1962@gmx.de konstruiert. Die Verbindung kann es aber, laut Stuttgarter Polizei, aus technischen Gründen gar nicht geben. Dennoch schickte Stefan Illek, Schröcksnadels persönlicher Pressereferent, den angeblichen Beweis der Sportwoche. Der Vorgang wurde also von Schröcksnadels unmittelbarer Umgebung zumindest mitgetragen.

Jene handschriftliche Notiz soll übrigens von Christian Scherer, dem Leiter des ÖSV-Referats Leistungssport, stammen. Auf die Frage, ob er die Notiz geschrieben habe, wollte Scherer nicht antworten und beendete das Telefongespräch mit dem Hinweis auf eine bevorstehende Sitzung. Stunden später schickte Illek eine SMS: „Herr Scherer wird mit Ihnen nicht sprechen.“ Schotten dicht.

Die CyberCrime Unit der Kriminalpolizei in Stuttgart, wo Klaus Kärchers Vermarktungsagentur zu Hause ist, untersuchte die Vorgänge

Markus Wekwerth, der Anwalt der Kärchers, will nun Anzeige gegen Scherer erstatten – wegen „versuchter Verleumdung“. Außerdem übergibt Wekwerth die Stuttgarter Ermittlungsergebnisse der Innsbrucker Staatsanwaltschaft. Er unterstütze, sagt er, „Schröcksnadel bei seiner Suche nach dem faulen Ei im Verband“.

Selbst wenn sich Scherers Autorenschaft nicht bestätigen ließe, bleibt das Faktum bestehen, dass aus dem Österreichischen Skiverband fragwürdige Unterlagen zulasten von unliebsamen Außenstehenden an Medien gingen. Johann Skocek