Giftige Schnorchel und Schwimmbrillen

Gesundheit Eine neue Studie des BUND weist gesundheitsschädliche Stoffe in Spielzeug nach

BERLIN taz | Trotz gesetzlicher Regelungen ist Kinderspielzeug immer noch oft mit gesundheitsschädlichen Chemikalien belastet. Das zeigt eine Studie, die der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) am Freitag veröffentlicht hat. Nur bei einem von neun getesteten Spielzeugen konnten keine schädlichen Chemikalien nachgewiesen werden.

Die Studie zeigt zum Beispiel, dass die Phthalat-Belastung eines Kinderwerkzeuggürtels der Firma Corvus 10 Prozent über der EU-Vorgabe liegt. Auch die anderen getesteten Produkte überschreiten die EU-Grenz­werte oder liegen nur knapp darunter.

Spitzenreiter unter den getesteten Produkten ist ein Schnorchelset für Kinder der Firma Aqua-Lung. Es weist eine Phtha­lat­belastung auf, die 45-mal höher als der EU-Grenzwert für Kinderspielzeug ist. Dies ist besorgniserregend, weil Kinder Schnorchel bekanntlich in den Mund nehmen und Schwimmbrillen auf der Haut tragen. Die Chemikalien können somit gut vom Körper aufgenommen werden.

Phthalate sind Weichmacher, die eingesetzt werden, um Stoffe wie PVC geschmeidig zu machen. Laut Bundesumweltamt können sie bei Kindern die sexuelle Reifung stören. So werden sie mitverantwortlich für die sinkende Fruchtbarkeit von Männern gemacht.

Die EU-Spielzeugrichtlinie schreibt seit 2005 Grenzwerte für Phtha­la­te vor, die in Spielzeug nicht überschritten werden dürfen. Diese Vorgabe wird regelmäßig aktualisiert und um auffällige Stoffe ergänzt. Allerdings fallen Produkte wie Schnorchel, Schwimmbrillen und Armbanduhren nicht unter diese Vorgabe, weil es sich nicht um Spielzeug im klassischen Sinne handelt.

Die BUND-Chemieexpertin Ulrike Kallee kommentiert: „Es sollte eigentlich selbstverständlich sein, dass Kinderprodukte frei von gefährlichen Chemikalien sind. Die jetzigen gesetzlichen Regelungen reichen jedoch nicht, um Kinder wirklich zu schützen.“

Wilfred Lach, Operations Manager bei Aqua-Lung, sagte der taz, die Firma lasse ihre Produkte in Deutschland stichprobenartig durch den TÜV überprüfen. Auch würden Prüfungen auf allen Ebenen der Lieferkette stattfinden. Das weltweit agierende Unternehmen halte sich zudem sogar an strengere Regeln als die EU-Vorgaben. Die Zahlen der Studie zweifelte Lach daher an.

Kallee fordert: „Hersteller müssen ihre Produkte untersuchen lassen, bevor sie auf den Markt kommen und nicht hinterher.“ Solange Gesetzgeber und Spielzeugunternehmen zu lasch mit dem Chemikalien umgehen, empfiehlt der sie Eltern, Produkte aus PVC zu meiden.

Während es bei Schwimmbrillen Ausweichmöglichkeiten gibt, wird es bei anderen Produkten schwieriger. Ein Beispiel ist der PVC-Fußboden, der sich in zahlreichen Mietwohnungen findet. Kinder verbringen sehr viel Zeit auf Fußböden; mitunter essen sie dort sogar. Seit Februar 2015 gibt es eine EU-Zulassungsverordnung für bestimmte Phtha­late. Unternehmen müssen ihren Einsatz nun beantragen; dies gilt aber nur für neue Produkte.Katharina Schwirkus