Geschäfte unter Freunden

Außenpolitik Während Wirtschaftsminister Gabriel den Iran bereist, fordert die Opposition, stärker auf die Einhaltung von Menschenrechten im Land zu pochen

Sigmar Gabriel im Iran: Eine Tasche für die Tochter Foto: Michael Kappeler/dpa

von Tobias Schulze

BERLIN taz | Kurz vor dem Ende seiner Dienstreise geht Sigmar Gabriel schoppen. In der Oasenstadt Isfahan, bekannt für ihre Paläste und Moscheen, kauft der Wirtschaftsminister Souvenirs. Seine Frau darf sich auf ein Halstuch freuen, melden die Nachrichtenagenturen nach Deutschland. Die Tochter bekommt eine Handtasche. Es ist der angenehme Teil einer Reise, mit der sich Gabriel daheim einige Kritik einhandelte. Nicht bei seiner Familie, dafür im politischen Berlin.

Ein „Besuch mit Beigeschmack“, eine „peinliche Reise“, ein „zwiespältiges Signal“: So kommentieren deutschen Tageszeitungen den Besuch des Vizekanzlers, der wenige Tage nach dem Atomdeal mit dem Teheraner Regime als erster westlicher Politiker in den Iran reiste; im Schlepptau eine hochrangige Wirtschaftsdelegation.

Eine Reise, die auch die Opposition kritisiert. Der Linken-Abgeordnete Jan van Aken sagte, nach dem Atomabkommen müsse die Menschenrechtsfrage für die Bundesregierung erste Priorität sein. „Dass ausgerechnet der Wirtschaftsminister als Erster nach Teheran reist, lässt befürchten, dass sie es nicht ist.“

Es geht also um mehr als um Gabriels Reise. Es geht um die Frage, wie offen die Bundesrepublik auf ein Regime zugehen darf, dass weiterhin Oppositionelle unterdrückt, Terrormilizen unterstützt und von der Vernichtung Israels träumt.

Gabriels Haltung ist dabei klar. „Denjenigen im Iran, die sich auf den Westen zubewegen, muss man jetzt zeigen, dass es sich lohnt“, sagte er der ARD. Das Kalkül lautet: Wenn die iranische Wirtschaft nach dem Ende der Atomsanktionen schnell in Schwung kommt, könnten die relativ liberalen Kräfte um Präsident Rohani bei den anstehenden Wahlen zulegen und ihren Entspannungskurs fortsetzen.

Im Idealfall auch in puncto Menschenrechte. „Eine Intensivierung der politischen Gesprächskontakte kann auch neue Gelegenheiten bieten, in allen Bereichen enger zusammenzuarbeiten. Das schließt Menschenrechtsfragen ausdrücklich ein“, heißt es aus dem Auswärtigen Amt.

Tatsächlich sprach Gabriel während seiner Reise die Menschenrechtsfrage an. „Als Freunde wollen wir auch mit Ihnen darüber reden“, sagte er seinen neuen Bekannten aus Teheran.

„Als Freunde wollen wir darüber reden“

Sigmar Gabriel, SPD

Alles nur Show, heißt es aus der Opposition. „Gabriel ist in den Iran gefahren, um Geschäfte zu machen“, sagte Omid Nouripour (Grüne) der taz. „Seine Äußerungen zur Menschenrechtssituation und zu Israel hatten dabei nur Alibi-Charakter. Wer es ernst meint, der sagt: Ihr geht diese Probleme an oder es gibt keine Geschäfte.“

Gabriels Gesprächspartner im Iran zeigten in der Tat keine Bereitschaft, auf dessen Reformforderungen einzugehen. Die Linkspartei fordert die Bundesregierung daher auf, in der Iranpolitik die Schwerpunkte anders zu setzen. „Anstatt dass Gabriel die deutsch-iranische Wirtschaftskommission wieder auf den Weg bringt, hätte er sich erst einmal für den Neustart des Menschenrechtsdialogs einsetzen sollen“, sagte der Abgeordnete van Aken. In der Vergangenheit hatten die EU und der Iran regelmäßig über den Umgang mit der Opposition diskutiert.

Die Grünen setzen wegen der Menschenrechtsverletzungen weiterhin auf Sanktionen gegen den Iran. „Die Bundesregierung muss deutlich machen, dass diese erst fallen, wenn der Iran sein Verhalten ändert“, sagte Nouripour.