Bremen wird regiert

SENATS-WAHL

Warum ausgerechnet in Bremen immer so wenige Leute wählen gehen, ist, daran musste man bei der Senatswahl am Mittwoch denken, schleierhaft. Denn nirgends so wie dort gehorcht das repräsentativ-demokratische Geschehen einer ausgetüftelten Dramaturgie mit etlichen Spannungsbögen, Höhepunkten und Special-Effects. Es fängt an mit dem Stromausfall am Wahltag im Zählzentrum, geht weiter über eine Wartezeit bis zum Ergebnis, die sich länger anfühlt als die Legislatur; geht dann über in ewige Koalitionsverhandlungen, an deren Ende die strittigen Fragen noch ungeklärter als zuvor sind, und während derer sich einzelne Teile der Opposition bereits auflösen: Tschö AfD! Und dann mündet das Ganze eben in besagter Senatswahl.

Auch bei der ging‘s Mittwoch nicht bloß darum, Carsten Sieling (SPD) als Bürgermeister zu inthronisieren, der, bezauberndes Detail, noch ganz ungeübt, zur Vereidigung mit den Fingern ein Victory-Zeichen machte. Sondern: In Bremen – und nur in Bremen –muss sich jedes Regierungsmitglied der Wahl durch den Landtag stellen, der dort Bürgerschaft heißt. Sie sind daher auch alle einzeln per Misstrauensvotum abwählbar, wie weiland der grüne Umweltsenator Ralf Fücks erleben musste. Aber das ist eine andere Geschichte.

Kurz: Bremen verfügt über einen einzigartigen Baukasten zur Produktion staatsrechtlicher Hochspannungsmomente und politpersönlicher Tragödien. Bloß dann machen sie meistens nichts draus. Ja, die Grünen lieben ihre Frontfrau Karoline Linnert nicht mehr, weil sie fast als einzige Spitzenkandidatin dann auch noch in die Bremer Politik wollte, während Jens Böhrnsen (SPD) und Elisabeth Motschmann (CDU) sich ordnungsgemäß doch lieber anderen Tätigkeiten zugewandt haben. Dafür gab‘s zwei Stimmen Abzug – aber bei Weitem noch genug, um weiter als Finanzsenatorin und Bürgermeisterin über der Schuldenlast verzweifeln zu dürfen.

Kein Drama auch um den in einen fetten Skandal verwickelten Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), der rechnerisch mindestens drei Stimmen mehr erhielt, als die Koalition Sitze hat. Wobei, das Verhalten der Opposition ist dabei nachvollziehbar, denn die hat das allergrößte Interesse an einem Innensenator, der sich in einem Untersuchungsausschuss bald dafür verantworten muss, dass er am Wochenende des 28. Februar ohne nachvollziehbaren Anlass einen Terror­alarm ausrief.

Im Zuge dessen patrouillierten schwer bewaffnete Hundertschaften durch die Stadt, eine Familie syrischer Christen, die den Dom besichtigen wollte, wurde geschnappt und misshandelt und eine Moschee auf der Suche nach – ausgerechnet! – Uzis von PolizistInnen mit ihren Schäferhunden geschändet. Ähm durchsucht. Grundlos, wie das Landgericht kürzlich feststellte und folglich auch rechtswidrig. bes