Das Überall-Ticket

Einheitliche Chipkarte soll ab 2007 Papiertickets ersetzen

Der Bus in Augsburg, die U-Bahn in Berlin, die S-Bahn in Leverkusen – demnächst soll es ein Ticket für alle geben. Bis zum Jahr 2007 wollen die deutschen Verkehrsunternehmen eine Chipkarte entwickeln, die in sämtlichen Nahverkehrsmitteln in Deutschland akzeptiert wird.

„Kernapplikation“ nennt sich die neue Technik, die gestern auf der Eisenbahnmesse railtec in Dortmund vorgestellt wurde. Das System ist simpel: Elektronische Terminals am Eingang von Bussen und Bahnen in einer beliebigen deutschen Stadt sollen die Jahres- oder Monatskarten eines lokalen Verkehrsverbundes erkennen. Beim Ausstieg meldet sich der Kunde elektronisch ab, und der Computer berechnet die Anzahl der gefahrenen Stationen. Die Fahrtkosten werden dann per Lastschrift vom Konto des Kunden abgebucht.

Kundenfreundlich und bequem sei das neue System, sagt Lothar Megger, Geschäftsführer der Projektgesellschaft für die Kernapplikation beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Und obwohl neue Software entwickelt und sämtliche neuen Busse und Bahnen mit Lesegeräten ausgerüstet werden müssen, soll es den ÖPNV auch nicht verteuern. „Die Investition rechnet sich“, sagt Megger. Genaue Zahlen kann er zwar noch nicht nennen, die Vorteile kennt er aber: Ein Chipsystem mache aufwendige Fahrgastzählungen überflüssig, zudem werde das Schwarzfahren erschwert. „Im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr lag die Quote von gefälschten Papiertickets zuletzt bei sechs Prozent. Bei Chipkarten sind Fälschungen nicht mehr möglich“, so Megger.

Alles prima also? Die Kunden sind nicht nur wegen der zu erwartenden Investitionskosten skeptisch. „Das System hat noch viele technische Mängel“, sagt Dominik Vinbruck, Vorsitzender der Fahrgastverbands Pro Bahn im Ruhrgebiet. Er verweist auf die Probleme, die schon das im Jahr 2003 eingeführte elektronische Gemeinschaftsticket der Verkehrsverbände VRR, VRS und VGN gebracht hätte. „Oft werden die Tickets nicht erkannt und man fährt unverschuldet schwarz“, sagt er. Außerdem seien die Lesegeräte noch zu langsam: „Wenn jeder Kunde beim Einstieg drei bis fünf Sekunden braucht, dauert es ewig, bis ein Bus mit vierzig Menschen losfahren kann.“ Deshalb müsse mit der bundesweiten Einführung noch gewartet werden, bis sich die Technik verbessere, fordert er.

Datenschützer hingegen wäre es am liebsten, wenn das System überhaupt nicht in Betrieb gehen würde. „Eine Chipkarte erlaubt es, Bewegungsprofile der Kunden zu erstellen“, sagt der Aktivist padeluun vom Bielefelder Verein FoeBuD, der jährlich den „Big Brother Award“ für besonders schlechten Umgang mit persönlichen Daten vergibt. Selbst wenn nun versichert werde, dass der Datenschutz beachtet werde, sei „nie klar, wer am Ende auf die Informationen tatsächlich zugreift.“ KLAUS JANSEN