„Eine positive Einstellung ist hilfreich“

Ausbildung Heidi Mörtz ist Leiterin des Ausbildungsbürgeramts in Kreuzberg. Sie weiß, was Azubis heute mitbringen müssen und was die Arbeit besonders macht

Heidi Mörtz

54, leitet das Ausbildungs-bürgeramt in der Schlesischen Straße 27a in Kreuzberg. Eröffnet wurde es im vergangenen April.

Interview Franziska Maria Schade

taz: Frau Mörtz, hier im Ausbildungsbürgeramt können angehende Verwaltungsfachangestellte praktische Erfahrungen sammeln. Welche?

Heidi Mörtz: An zwei Tagen in der Woche bedienen Auszubildende die Kunden. An den anderen zwei Tagen übernehmen wir als Ausbilder den Betrieb und arbeiten neue Kollegen für andere Bürgerämter ein. Freitags ist das Bürgeramt geschlossen, da finden Teambesprechungen und Workshops für die Auszubildenden statt.

Wer entscheidet sich für eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten?

Unsere aktuellen Auszubildenden sind zwischen 16 und 34 Jahre alt. Wir haben zwei Frauen dabei, die schon eine abgeschlossene Ausbildung haben, aber auch Auszubildende, die direkt von der Schule kommen. Einige haben einen mittleren Schulabschluss, andere Abitur. Manche haben auch schon ein Studium angefangen und wieder abgebrochen oder machen die Ausbildung als Vorbereitung auf ein Studium. Wie für die Bezirksverwaltung typisch, sind es mehr Frauen.

Welche Eigenschaften sollten Auszubildende mitbringen?

Hilfreich ist eine offene, positive Einstellung dem Bürger gegenüber. Außerdem muss man in der Lage sein, klar zu kommunizieren oder es zu lernen. Man muss sowieso gut lernen können. Es gibt ständig Neuerungen, zum Beispiel an der Gesetzesgrundlage. Auch Mehrsprachigkeit ist von Vorteil, wobei egal ist, welche Sprachen man spricht. Zu Kommunikation, Konfliktmanagement und interkultureller Kompetenz haben wir gerade eine Schulung gemacht.

Inwieweit ist Konfliktmanagement in der täglichen Arbeit ein großes Thema?

Hier kommt es seltener zu Aus­ein­andersetzungen als in anderen Bürgerämtern. Die Kunden kommen gerne hierher und finden es schön, von jungen Leuten bedient zu werden. Vermutlich haben die Bürger für die Auszubildenden mehr Verständnis, zumal den Azubis mehr Zeit für die einzelnen Vorgänge zugestanden wird und vieles mit mehr Ruhe ablaufen kann. Sollte es doch zu Problemen kommen, ist immer ein Ausbilder zur Unterstützung da.

Die Azubis können die Ausbildung mitgestalten.

Ja, denn Ziel des Projekts ist es auch, die Ausbildung zu verbessern. Früher machten die Auszubildenden mehr Hilfsarbeiten, auch Mitarbeiter ohne Ausbilderschein durften ausbilden, ohne die pädagogische Kompetenz zu haben. Bei uns ist der Praxisleiterschein oder die Absicht, diesen zu machen, ein Muss.

Sie selbst sind Verwaltungsfachangestellte. Wie kamen Sie dazu?

Ich komme eigentlich aus der Hotellerie, aber weil das Geschäft nicht besonders familienfreundlich ist, habe ich umgesattelt. Mein Beruf und besonders die Arbeit mit den Auszubildenden macht mir Spaß. Es geht darum, die richtigen Leute für die Arbeit zu begeistern. Wenn wir das schaffen und hier motivierte Leute sitzen, die den Job gerne machen, verbessert das auch das Bild der Bürgerämter.

Wie ist dieses Bild denn Ihrer Meinung nach?

Unabhängig davon, wie gut der Einzelne bedient wurde: Die Mehrheit hat ein negatives Bild. Das ist oft nicht einmal auf sachliche Hintergründe wie fehlendes Personal, sondern auf einzelne Personen bezogen. Wir erhalten aber auch positive Rückmeldung, die bleibt dann meist im persönlichen Gespräch und dringt nicht nach außen.

Was ist das Besondere an der Arbeit hier?

Das Besondere ist ganz klar der Umgang mit den Bürgern. Jeder Tag ist anders, weil andere Menschen kommen. Hier kommen sehr viele Leute sehr kurz nacheinander mit immer wieder anderen Anliegen. Durch die Terminvergabe lässt sich das Publikum gut steuern, aber es sprechen immer Bürger mit einem dringend Anliegen vor und bitten um Unterstützung. All dem gerecht zu werden ist nicht immer einfach.

Und Sie müssen dabei immer freundlich bleiben.

Wir sind eine bürgerorientierte Verwaltung. Der Anspruch ist, ständig freundlich und fachlich bei den Bürgern zu sein. Aber die Bürger sind leider nicht immer freundlich. Besonders wenn man im Stress ist, ist das dann deprimierend. Den Ansprüchen der Bürger und den rechtlichen Vorgaben gerecht zu werden ist nicht immer einfach.

Frustriert Sie die teilweise negative Berichterstattung über Bürgerämter?

In den Artikeln stehen wahre ­Dinge, zum Beispiel zum ­Personalmangel. Das stimmt, und dafür können wir hier vor Ort jedoch nichts. Aber wenn es unfair wird, trifft uns das schon sehr. Es mag ­durchaus unfreundliche Sachbearbeiter ­geben, aber das ist ja nicht die Mas­se.