Tote und Verhaftete nach dem Attentat

GUINEA Das Militär findet die Urheber des Mordanschlags auf Juntachef Moussa Dadis Camara nicht, aber dennoch melden Menschenrechtler „Rachefeldzüge“ von Spezialkräften. Politische Lösung blockiert

BERLIN taz | Eine Woche nach dem Attentat auf Guineas Militärherrscher Moussa Dadis Camara, in dessen Folge der Juntachef schwer verletzt nach Marokko in ein Militärkrankenhaus gebracht werden musste, eskaliert der Machtkampf in der guineischen Armee. Im Rahmen der Suche nach dem flüchtigen Attentäter und Präsidialgardechef Aboubacar Toumba Diakité seien über 100 Soldaten verhaftet und drei hingerichtet worden, hat die Militärregierung erklärt. Toumba ist nicht darunter. Die Menschenrechtsorganisation FIDH (Internationale Menschenrechtsföderation) sprach am Donnerstag von „wahllosen Verhaftungen“ und Folter. Gemeinsam mit ihrem guineischen Pendant OGDH (Guineische Menschenrechtsorganisation) sagte sie, seit dem Attentat in der Nacht zum Freitag letzter Woche unternähmen „die roten Barette (Präsidialgarde), Gendarmerie und andere Spezialkräfte Rachefeldzüge“. Die Junta „muss sofort die Flucht nach vorn in die Gewalt beenden und die internationale Gemeinschaft muss ihre Verantwortung übernehmen“.

Mit Letzterem ist Westafrikas Regionalverband Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) gemeint, der eine Lösung der politischen Krise Guineas sucht. Direkten Dialog zwischen Junta und Opposition hat es bislang nicht gegeben, weil die Opposition Dadis’ Anspruch zurückweist, bei den von ihm versprochenen Wahlen 2010 selbst anzutreten. Burkina Faso, das die Vermittlungsversuche führt, hat vorgeschlagen, dass Dadis zwar zu den Wahlen kandidieren darf, dafür aber vorher als Staatschef zurücktreten muss. Am heutigen Samstag soll eine neue Gesprächsrunde dazu beginnen. Mitglieder der Militärjunta haben in den letzten Tagen sowohl einen Boykott der Gespräche als auch eine Teilnahme angekündigt.

Burkina Fasos Lösung dürfte durch das Attentat auf den nach wie vor bewusstlosen Juntachef einfacher werden, aber die Junta selbst behauptet hartnäckig, Dadis gehe es gut, und die Übernahme der Staatsgeschäfte durch den bisherigen Verteidigungsminister, General Sekouba Konaté, sei lediglich vorübergehend bis zu Dadis’ Genesung, auch wenn das Jahre dauern könnte. Konaté hielt am Mittwochabend erstmals eine öffentliche Ansprache und rief die Armee zu Einigkeit und Disziplin auf. Der Sohn eines Guineers und einer Libanesin mit sowjetischer Ausbildung war ein Freund des 2008 verstorbenen Langzeitdiktators Lansana Conté und soll einer der wenigen hohen Militärs sein, der nicht in das Massaker an 157 Oppositionellen bei der Niederschlagung einer Großdemonstration am 28. September verwickelt war. Das alles sind gute Voraussetzungen für einen langen Verbleib an der Macht.

DOMINIC JOHNSON