Griechenland
und die Euro-Krise

Wie solidarische Bewegungen und Parteien in Europa die Lage in Griechenland diskutieren

"Entweder Demokratie oder Diktatur"

Spanien Die Protestpartei Podemos steht zu Syriza. Beide geben Banken und den reichen EU-Staaten alle Schuld. Auch der konservative Regierungschef setzt Podemos und Syriza gleich – zur Diffamierung

MADRID taz | Für Pablo Iglesias, Generalsekretär der spanischen Antiausteritätspartei Podemos (Wir können), ist die Lage klar: „Die Troika hat eine Operation des Finanzterrors gegen Griechenland eingeleitet.“ Der 36-jährige Politikprofessor, der nach dem guten Abschneiden bei Kommunal- und Regionalwahlen Ende Mai im Herbst die Parlamentswahlen gewinnen will, sieht in Europa zwei Lager: „Entweder wir stehen auf der Seite der Demokratie oder auf der Seite der Diktatur.“

Dies war der am meisten wiederholte Satz auf einer Pressekonferenz spanischer Euro-Parlamentarier am Dienstag in Brüssel. In Anwesenheit des Vizepräsidenten des EU-Parlaments und Syriza-Abgeordneten Dimitrios Papadimoulis stellten sich neben Podemos die postkommunistische Vereinigte Linke (IU) sowie die valencianische ökosozialistische Regionalpartei Compromis und die katalanischen Linksnationalisten hinter Alexis Tsipras.

„Die Griechen geben uns eine Lektion in Sachen Demokratie. Fragen abstimmen, das ist Demokratie“, erklärte der Podemos-Abgeordnete Miguel Urbán. „Wir wären gern gefragt worden, als sie Zapatero anriefen, damit er trotz seines Wahlprogramms riesige Kürzungen durchführt“, erinnerte er an den Beginn der Austerität unter dem Sozia­listen José Luis Rodriguez Zapatero.

Podemos ist der engste spanische Verbündete der Syriza-Regierung. Tsipras war in Madrid, als Pablo Iglesias per offener Urwahl an die Parteispitze gewählt wurde. Der Spanier revanchierte sich mit einem Besuch am Ende des Wahlkampfs in Athen. „Syriza – Podemos, venceremos!“ – gemeinsam siegen – so feierten die Syriza-Sympathisanten Pablo Iglesias.

Für die Anhänger von Syriza und Podemos ist klar: Beide Länder sind Ziel einer Intervention der Troika, Griechenland wegen der hohen Staatsverschuldung, Spanien wegen der Bankenkrise. Hinter der Misere stecken die großen Geldinstitute aus Deutschland und dem reichen Europa. Sie vergaben Billigkredite, um eigene Exporte anzukurbeln und spekulierten fröhlich bei der südeuropäischen Immobilienblase mit.

„Syriza ist für die kolossale wirtschaftliche Krise nicht verantwortlich“, heißt es in einem Kommuniqué des Podemos-Vorstands vom Montag. „Es waren die Regierungen der Nea Dimokratia und der Pasok, die die Rechnungen fälschten.“ Beide, betont Podemos, seien Verbündeten der in Spanien regierenden Partido Popular (PP) von Mariano Rajoy und der sozialistischen Psoe. Die stehen für große Sparpakete und eine Verfassungsreform, die der Abzahlung von Schulden Vorrang vor Sozialausgaben gibt. Diese Reform wurde in der parlamentarischen Sommerpause 2011 förmlich über Nacht auf Wunsch von Brüssel und Berlin verabschiedet. Die Folge: hohe Arbeitslosigkeit, mehr Armut und der Kahlschlag im sozialen Gefüge.

Griechenland ist in Spanien Innenpolitik. Das machte auch Ministerpräsident Rajoy dieser Tage wieder klar. Er hofft, dass Syriza scheitert und Podemos mit in den Abgrund reißt. Neuerdings benutzt er den Namen „Syriza-Podemos“, wenn er von den unabhängigen, von Podemos unterstützten Bürgerlisten redet, die bei Wahlen im Mai in vielen Städten gegen die konservativen Bürgermeister gewonnen haben. Reiner Wandler