Daumenkino
: Das fehlende Grau

Manege auf: Dieser namenlosen jungen Frau (wunderbar: Sina Ebel) sind ein paar Nuancen im Gemüt abhanden gekommen. Die beiden Regisseure Nadine Heinze und Marc Dietschreit zeichnen sie als explosives Wesen, das zwischen den Extremen hängt, dem die Grautöne fehlen. Ihre Wirkung auf andere kann ziemlich fatal sein – zumindest auf die Männer, die Heinze und Dietschreit dieser Dame auf den Weg geschrieben haben.

Launig-lustvoller Abend

Da ist zum Beispiel ein Erfolgsmann (Alexander Steindorf), der die Goldschmiedin nach ein bisschen Überredungskunst ihrerseits zu einem launig-lustvollen Abend in das geschmacklos ge­tunte Eigenheim lädt. Sie: zartrosa Businesshemd, ein bisschen aufgeknöpft. Er: Hemd, klassisch weiß, aber kein Schlipsträger. Die Familie ist ausgeflogen, nach einer Flasche Rotwein tanzt man um die schwarzen Ledermöbel.

Oder die Kneipenbekanntschaft (Albert Bork, sehr gut), die von ihr zunächst mit Dartpfeilen beschossen wird. Nach ein paar Bieren liegt man sich trotzdem in den Armen, die Wirtin zapft missmutig Nachschub auf den Tresen. „Du warst doch auch mal jung!“, ruft die zur Lebefrau Mutierte ihr da zu. Entgegnung der Wirtin: „Aber nicht so wie du.“ Der Mann: Er kann sein Glück kaum fassen und gewährt ihr Eintritt in seine rumplig-traurige Junggesellenexistenz. Sie: pinkelt auf einer Einkaufsmeile vor ein Ladengeschäft. Beide Männer ereilt auf halber Strecke ein ähnliches Schicksal. Die Verführerin beginnt sich zu entziehen, spielt Spielchen. Diese sind sadistisch und gemein – und zielen auf die Schwachstellen der Männer. Der eine bekommt sein Fremdgehen quittiert, der andere wird auf seinen Gestank hingewiesen. Das Bild einer Frau ist hier eines, das mehr Konstrukt ist als Wirklichkeit. So ausgearbeitet die einzelnen Szenenbilder sind (toll Ralf Richter in einem Gastauftritt) – die Regisseure scheinen ihrer Kraft nicht recht zu trauen. Oder warum wurde zwischen diese Miniaturen noch ein befremdlicher Plot über eine Verliebtheit in ein kleines Mädchen gebaut? Was möchte der Film damit andeuten, gar erklären? Warum verwehrt man „ihr“ einen Namen? Und was interessiert die Filmemacher an dieser „Sie“, die sie erschaffen haben, um …? Als Betrachterin bleibt man ratlos zurück. Haften bleibt vor allem diese eine: Sina Ebell. Carolin Weidner

„Das fehlende Grau“. Regie: Nadine Heinze, Marc Dietschreit, mit Sina Ebell, Albert Bork u. a. Deutschland 2013, 79 Min.