Sie stand für die Opfer des Militärs

NACHRUF Elsa Oesterheld ist in Argentinien gestorben

Elsa Oesterheld ist tot. Sie starb am vergangenen Samstag im Alter von 90 Jahren in Buenos Aires. Elsa Oesterheld war Mutter von vier Töchtern und Frau von Héctor Germán Oesterheld, einem der bekanntesten Comicschöpfer Argentiniens der 1960er und 1970er, darunter der “El Eternauta”.

Elsa Oesterheld konnte nicht Mutter und Ehefrau bleiben: In den 1970er Jahren entführten und ermordeten die argentinischen Militärs Töchter und Ehemann. Zwei der Töchter waren schwanger. Elsa Sánchez de Oesterheld hat sie alle nicht wiedergesehen.

„Eine Großmutter mehr, die ging ohne ihre durch den Staatsterrorismus verschwundenen, gestohlenen und angeeigneten Enkel in die Arme schließen zu können,“ trauern die Großmütter der Plaza de Mayo. Elsa Oesterheld hatte sich erst spät der Menschenrechtorganisation angeschlossen, die nach den in Gefangenschaft geborenen Kinder der Töchter suchen, die während der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 verschwanden. Bis heute konnten über 100 der vermutlich 500 geraubten Babys gefunden werden. Elsa Oesterheld blieb das späte Wiederfinden verwehrt. Beharrlich schwiegen die verantwortlichen Schergen der Diktatur.

Héctor Oesterheld und seine Töchter hatten sich früh der linksperonistischen Montonero-Guerilla angeschlossen. Nach dem Putsch mussten sie abtauchen, doch einer nach der anderen wurde gefangen. Am 27. April 1977 ergriffen sie Héctor. Bereits Juni 1976 fingen sie die 19-jährige schwangere Beatriz. Am 4. Juli 1976 erfuhr Mutter Elsa aus der Zeitung, dass ihre 23-jährige Tochter Diana in der Provinz Tucumán angeblich erschossen wurde. Dann verschwand die schwangere 18-jährige Marina. Von Estelas Verschwinden erfuhr sie, als die Militärs ihr Estelas drei-jährigen Sohn Martín brachten.

2005 erhielt sie zusammen mit dem Pfarrer Kuno Hauck den Solidaritätspreis der Stadt Bremen. 2010 reiste sie abermals nach Deutschland, als Argentinien Gastland auf der Frankfurter Buchmesse war. Präsidentin Cristina Kirchner hatte sie als Stellvertretende für all jene Schriftsteller mitgenommen, die als Folge der Diktaturverbrechen nicht selbst ihre Werke repräsentieren konnten. „Ich, die ich schon glaubte, tot zu sein, habe neue Hoffnung geschöpft,“ sagte sie damals. Unter der Kirchner-Regierung erlebten die Opfer und Hinterbliebene der Diktatur die angemessene Würdigung.

Jürgen Vogt