Berliner Szenen
: STRATEGIEWECHSEL

Hart verdientes Geld

Noch schlimmersind die, die sogar einen Termin vereinbaren

Früher spielte ich Schlagzeug in einer Band. Irgendwann dann nicht mehr. Woraufhin mein Drumset gut fünfzehn Jahre im Keller meiner Eltern vor sich hin vegetierte. Was es vermutlich auch heute noch tun würde, hätte mich mein Bruder nicht vor ein paar Wochen auf die Idee gebracht, es über eBay-Kleinanzeigen zu verkaufen. Und zwar jedes Teil einzeln, weil das mehr Geld einbringt.

Seitdem ist mein Leben ein anderes. Verbrachte ich vorher die heilige Zeit nach dem Aufstehen mit Zeitunglesen, sitze ich heute um acht schon vor dem Computer und beantworte Anfragen. Was ja auch absolut okay wäre, würde es nicht einen gewissen Menschenschlag geben, der offensichtlich nichts Besseres zu tun hat, als sich permanent bei mir zu erkundigen, ob diese Trommel oder jenes Becken noch zu haben ist – nur um dann, sobald ich bejahe, nie wieder etwas von sich hören zu lassen.

Noch schlimmer sind die, die sogar einen Termin vereinbaren, dann aber nicht erscheinen. Zweimal schon bin ich nach der Arbeit in den Musikalienladen am Moritzplatz gehetzt, um noch schnell ein vernünftiges Paar Drumsticks oder ein paar Schrauben für einen Beckenständer zu besorgen. Nur damit sich irgendein Mario beziehungsweise Robin bemüßigt fühlen konnte, es sich spontan doch noch einmal anders zu überlegen – allerdings ohne mir Bescheid zu geben.

Neulich verlor ich dann die Contenance. Bei einem Mann, der sich zwei Cowbells angucken wollte, die ich zusammen für lächerliche 15 Euro inseriert hatte. Ich schrieb ihm zurück, fragte, ob er sie sich „wirklich nur angucken“ oder sie „nicht doch lieber kaufen“ wolle.

Das ist der Anfang vom Ende, dachte ich danach: potenzielle Kunden mit schnippischen Antworten vergraulen. Interessanterweise kam aber ausgerechnet dieser Deal zustande

ANDREAS RESCH