Es rumort in Israel

Die Führer von Israels großer Koalition, Scharon und Peres, geraten beide parteiintern in Schwierigkeiten

JERUSALEM taz ■ Israels Premierminister Ariel Scharon zeigte sich alles andere als geschlagen, nachdem das Parlament zwei der insgesamt drei von ihm vorgeschlagenen Kandidaten für einen Ministerposten abblitzen ließ. „Am Ende werden wir alles durchsetzen, was wir uns vorgenommen haben“, versprach er den beiden verzagten Politikern. Für sie drängt die Zeit, denn länger als vier bis fünf Monate geben dem amtierenden Kabinett weder politische Analysten noch Scharons Parteifreunde.

Scharons Nominierung der beiden Verbündeten des Premierministers wurde unverhohlen als Entlohnung für treue Rückendeckung im Vorfeld des Abzugs aus dem Gaza-Streifen gewertet, den Scharon gegen die Mehrheitsposition seiner Partei durchsetzte. Scharon beglich offenbar eine offene Rechnung, und genau das tat seine frustrierte Partei jetzt auch, als sie die beiden durchfallen ließ.

Knackpunkt ist nun der Haushalt, in dem es auch um Reparationszahlungen für die evakuierten jüdischen Siedler aus dem Gaza-Streifen gehen wird. Immerhin gelang es Scharon mit deutlicher Mehrheit, seinen dritten Kandidaten, Ehud Olmert, als zukünftigen Finanzminister durchzusetzen. Spätestens wenn die Debatte um staatliche Investitionen jenseits der alten Waffenstillstandslinie beginnt, sollte sich jedoch vor allem der sozialdemokratische Regierungspartner fragen, ob die Koalition noch immer Bestand haben kann.

Die Arbeitspartei wählt nämlich heute ihren neuen Parteichef. Der derzeit amtierende Schimon Peres setzt in der Hoffnung auf neue Friedensverhandlungen und weitere Auflösungen jüdischer Siedlungen im Westjordanland auf ein Fortbestehen der Koalition, während sein Gegner Amir Peretz lieber heute als morgen die Regierung verlassen würde. Gewinnt Peretz, bleibt Scharon keine Alternative als der verfrühte Urnengang.

Den Ausgang von Neuwahlen müsste Scharon derzeit nicht fürchten. Die israelische Bevölkerung stützte mehrheitlich den Abzug aus dem Gaza-Streifen und würde den Premier sofort im Amt bestätigen, auch wenn die jüngsten Terroranschläge die anfängliche Euphorie abebben ließ. Was Scharon zögern lässt, von sich aus Neuwahlen anzustreben, ist offenbar seine Unentschlossenheit in der Frage, als Kandidat welcher Partei er in den Wahlkampf gehen soll. Ob der Likud ihn noch einmal aufstellen würde, bleibt nämlich fraglich. SUSANNE KNAUL