Freundschaft, Liebe, Tod

KINO Vier aktuelle spanischsprachige Filme, zu einem Paket geschnürt: Mit dem „Cinespañol“-Programm hat man ein Angebot für den Griff zum Taschentuch und auch Appetithäppchen für die bald startende Berlinale

Bei Scampi, Pasta, Pesto werden die wichtigen Dinge des Lebens verhandelt

VON DETLEF KUHLBRODT

Die Berlinale ist nah. In wenigen Tagen starten die Filmfestspiele, und bis dahin kann man sich in einigen Berliner Kinos die Zeit mit dem Programm „Cinespañol 2“ vertreiben. Dafür hat der kleine Münchner Verleih „Cine Global“ – der mit dem schönen Slogan „Filme für weltoffene Zuschauer“ für sich wirbt – vier aktuelle spanischsprachige Filme zusammengestellt, zu Teilen auch mit Berlinale-Bezug. Zwei kommen aus Argentinien, einer stammt aus Kolumbien und einer aus Spanien. Bis auf die argentinische Dokumentation „Escuela Normal“ sind alle Filme sehr emotional, also schon so, dass einem ab und an die Tränen in die Augen steigen.

Das ist wohl besonders in „Jardin de Amapolas“ (Mohnblumenwiese) der Fall. In seinem Spielfilmdebüt von 2012 erzählt der kolumbianische Regisseur Juan Carlos Melo Guevara vom Drogenkrieg in seiner Heimat. Am Anfang sieht man in langen Einstellungen den zehnjährigen Simon mit seinem Vater durch beeindruckende Gebirgslandschaften wandern. Sie sind auf dem Weg zu einem Onkel in einem fernen Dorf. Erst im Verlauf des Films erfährt man, dass sie auf der Flucht sind. Der Vater war als Helfer der Guerilla denunziert, die Mutter und der kleine Bruder von Simon sind von Paramilitärs erschossen worden.

Beide kommen bei Emilio, dem Bruder des Vaters, unter. Emilio arbeitet auf einem nahe gelegenen Mohnfeld und überredet den Bruder, dort auch anzufangen. Widerstrebend fügt dieser sich, weil er keine andere Arbeit findet. Während der Vater tagsüber für die Drogenproduzenten arbeitet, die unter dem Schutz der Paramilitärs stehen, freundet sich Simon im Dorf mit der kleinen Nachbarstochter an, deren Eltern verdächtigt werden, die Guerilla zu unterstützen. Aus Neugier folgt Simon seinem Vater auf seinem Weg zur Arbeit und wird von Drogengangstern entdeckt. Der Padron der Plantage, dessen Sohn von Guerilleros ermordet wurde, entwickelt eine Zuneigung zu Simon, der fortan auf dem Drogenfeld mithilft. Es gibt keine richtige Seite, auf die man sich stellen könnte. Ein kleiner Hund namens Rufino spielt auch eine Rolle.

„Jardin de Amapolas“ schildert tragische Ereignisse und Konflikte. Der argentinische Film „La Suerte en tus manos“ (Das Glück in deinen Händen) von Daniel Burman – 2004 mit „El abrazo partido“ Berlinale-Gewinner – ist dagegen eine Komödie. Es geht um Uriel Cohan, einen geschiedenen, unaufhörlich quasselnden Pokerspieler, der ein Internetportal für Glücksspiele betreibt und mit seinen beiden Kindern zusammenlebt. Als Lebemann lässt er sich sterilisieren. Kurz nach der Operation begegnet er seiner großen Jugendliebe Gloria wieder, die mit einem Mann zusammen ist, der ihr nur außerhalb des Bettes gefällt. Was bei Uriel andersrum war. Die beiden verlieben sich wieder ineinander. Wegen der Operation, von der er ihr nichts erzählt, darf er aber noch keinen Sex haben.

Wie schön ist es doch, wenn jemand fragt: „Möchtest du meine Freundin sein?“

Die Liebesgeschichte, die größtenteils im jüdischen Umfeld spielt, ist konventionell, aber doch auf wunderbar übertriebene Weise romantisch. Wie schön ist es doch, wenn jemand fragt: „Möchtest du meine Freundin sein?“ Auf liebevoll-ironische Art wird die Schwatzhaftigkeit der Protagonisten gezeigt. Die Passagen, die beim Pokerturnier spielen, sind großartig. Ein unheimlicher Mann beim Turnier spielt auch eine Rolle, er ist unberechenbar und furchteinflößend.

Die Geschichten, die der spanische Film „18 Comidas“ (18 Mahlzeiten) erzählt, werden durch Frühstück, Mittag- und Abendessen geordnet. Jorge Coira erzählt von 18 verschiedenen Menschen, die in Santiago de Compostela zusammen essen oder auch immer wieder vergeblich auf die Frau warten, mit der sie zum Essen verabredet sind. Am Anfang erzählt ein Junge, dass er von einem Dinosaurier träumte, der ihn auffraß. Später werden bei Scampi, Pasta, Pesto, Serranoschinken, Kaffee und Wein die wichtigen Dinge des Lebens verhandelt: Freundschaft, Liebe, Tod. Ein Mann ist entsetzt, dass sein Bruder schwul ist, ein altes Ehepaar isst sehr gemächlich, eine in ihrer Ehe unglückliche Frau lädt einen Straßenmusiker ein, mit dem sie früher beinahe mal zusammen war. Der Film macht natürlich Appetit. Besonders gut gefiel mir, dass alle beim Essen rauchen.

Die Dokumentation „Escuela Normal“ (Schulalltag) schließlich, vergangenes Jahr bei der Berlinale im „Forum“, erzählt mit viel Handkamera und einigen durchaus auch notwendigen Längen vom Alltag einer Oberschule im Norden Argentiniens. Während sich die Direktorin mit den alltäglichen Problemen wie Klopapier herumschlägt, wird eine neue Schülervertretung gewählt. Engagierte Schüler feilen an Wahlkampfstrategien und halten Reden wie in der großen Politik, andere werfen mit Wasserbomben. Am Ende gibt es eine Abschlussfeier, auf der eine hundertjährige ehemalige Schülerin eine bewegende Rede hält.