Gazastreifen: Militante töten Kinder und Verwundete

Die Brutalität zwischen den Palästinenser-Gruppen Hamas und Fatah im Gazastreifen nimmt zu. Auch das Haus von Premier Hanijeh geriet unter Beschuss.

Palästinenserinnen trauern um getöteten Fatah-Funktionär Jamal Al-Dschedijan Bild: dpa

JERUSALEM taz Die Kämpfer der Straßenschlachten im Gazastreifen schrecken vor nichts mehr zurück. Bewaffnete Hamas-Männer stürmten ein Krankenhaus und lieferten sich Gefechte mit Fatah-nahen Sicherheitstruppen, während 15 Kinder, die auf dem Gelände tagesbetreut werden, Zuflucht in dem Gebäude suchten. Hamas-Anhänger stießen einen Fatah-Aktivisten vom 15. Stockwerk eines Hochhauses in den Tod. Mindestens 17 Menschen mussten ihr Leben lassen, darunter mehrere Frauen und Kinder.

Die jüngste Runde der Gefechte eskalierte am Montagmorgen mit einem Überfall auf das Haus von Premierminister Ismail Hanijeh (Hamas). Das spartanische Heim im Schati-Flüchtlingslager unweit der Stadt Gaza war von Mörsergranaten getroffen worden. Hanijehs Familie, die zur Zeit des Angriffs im Haus war, blieb unverletzt. "Sie haben jede Grenze überschritten", beschuldigte Hamas-Sprecher Fausi Barhum die Fatah.

Umgekehrt verdächtigte Palästinenserpräsident Machmud Abbas die Hamas, einen Staatsstreich zu planen. "Alle Informationen deuten darauf hin, dass einige politische und militärische Führer der Hamas einen 'Coup' gegen die rechtmäßigen Institutionen vorhaben", erklärte sein Büro. "Sie glauben offenbar, dass sie den Gazastreifen mit Gewalt unter ihre Kontrolle bekommen können."

Ein Hamas-naher Radiosender meldete bereits gestern Früh, dass die Islamisten eine Reihe von Sicherheitseinrichtungen im nördlichen und mittleren Gazastreifen besetzt hielten. Ein Fatah-Kommandant bestätigte, dass seine Männer im südlichen Gazastreifen in der Defensive seien. Hauptmann Nasser Chaldi beschuldigte Abbas, keine klaren Kommandos zu geben. "Unsere Führung ist schwach", meinte der Kommandant. "Die Hamas übernimmt unsere Stützpunkte. Wir erhalten keine Befehle."

Das Führungsvakuum ist auch auf die Abwesenheit Mohammad Dahlans zurückzuführen, der sich seit Wochen aus gesundheitlichen Gründen in Ägypten aufhält. Der frühere Chef des palästinensischen Nachrichtendienstes gilt als der starke Mann der Fatah im Gazastreifen. Derzeit kämpfen die verschiedenen Sicherheitsdienste weitgehend ohne gegenseitige Absprachen.

Bereits in der Nacht zum Dienstag umzingelten Hamas-Anhänger das Haus eines hohen Fatah-Funktionärs im nördlichen Gazastreifen. Dschamal Abu al-Dschedijan galt als enger Mitarbeiter von Mohammad Dahlan. Al-Dschedijan war von seinen Angreifern auf die Straße gezerrt und mit 45 Kugeln hingerichtet worden. "Was ist das, wenn nicht Krieg", sagte Maher Mikdad, Sprecher der Fatah. Auch Exminister Nabil Abu Rudeineh (Fatah) glaubt vorerst nicht an einen Waffenstillstand. "Hier ist kein Ende in Sicht", sagte er.

Der ägyptische Vermittler General Burhan Hamad unternahm erneut einen erfolglosen Versuch, die beiden Seiten zu einem Waffenstillstand zu bewegen. Er kündigte an, die Bevölkerung zu Protestmärschen auf die Straße zu rufen, sollten die beiden Bewegungen nicht zu einer Übereinkunft kommen.

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