Australien: Alkoholverbot für Aborigines

Australien will radikal gegen Kindesmissbrauch bei Ureinwohnern vorgehen. Deren Dörfer sollen ihre Verwaltungsautonomie verlieren.

Eingeschränkte Rechte: Zeremonie von Aborigines in Sydney Bild: ap

CANBERRA taz Ureinwohnergemeinden im australischen Northern Territory sollen wichtige Rechte verlieren. Das hat der australische Premier John Howard am Donnerstag angekündigt. Er reagierte auf den Bericht einer Untersuchungskommission, nach dem in vielen Dörfern Kindsmissbrauch weit verbreitet ist. Kinder im Alter von nur drei Jahren, vor allem aber Teenager, würden regelmäßig sexuell ausgebeutet. Verwahrlosung, Depressionen und Selbstmorde seien die Folgen.

Nicht nur Ureinwohner sind dabei die Täter. Auch weiße Bergbauarbeiter würden Aboriginal-Mädchen sexuell ausnutzen und sie dafür mit Alkohol und Drogen bezahlen.

Howard sprach von einem "nationalen Notfall". Es gehe "um Kinder im zartesten Alter, die praktisch von Geburt an schrecklich missbraucht wurden". Um die Situation unter Kontrolle zu bekommen, will er die in der jüngeren australischen Geschichte radikalsten Einschränkungen der Rechte einer einzelnen Bevölkerungsgruppe durchsetzen. Über die Köpfe der Regionalregierung des Northern Territory hinweg will Howard, dass die betroffenen, größtenteils von Aborigines bewohnten Dörfer ihre Verwaltungsautonomie verlieren.

Die Regierung übernehme die Kontrolle über Grund und Boden. Das Prinzip, wonach man als Nichtureinwohner für das Betreten von Aboriginal-Land eine Bewilligung braucht, werde aufgehoben. Der Verkauf von Alkohol soll verboten werden. Außerdem wird der Besitz von Pornovideos und DVDs in den Dörfern illegal. Der Konsum von harter Pornografie sei Auslöser für oftmals brutale sexuelle Übergriffe, so der Bericht.

Schließlich sollen Sozialhilfegelder für Eltern zurückbehalten werden, die ihre Kinder nicht zur Schule schicken. Die Hälfte der Unterstützung darf nur noch für den Kauf von Lebensmitteln verwendet werden. Alle Kinder unter 16 Jahren müssen medizinisch untersucht werden.

Als "skandalösen, autoritären Zugang mit dem Kampfstiefel" - so reagierte die oppositionelle Kleinpartei der Demokraten auf die Maßnahmen. Bob Brown, der Chef der Grünen-Partei, warf Howard vor, "rassistische Mittel zu verwenden", um im Wahljahr ein Problem anzugehen, um das er sich seit seiner Amtseinsetzung vor elf Jahren nie gekümmert habe. Trotzdem erhielt Howard auch von Ureinwohnern Beifall.

Dass etwas unternommen werden muss, darüber ist man sich auf allen Seiten des politischen Spektrums einig. Verwahrlosung, Alkohol- und Drogenmissbrauch, häusliche Gewalt und eine hohe Arbeitslosenrate sind sowohl Ursachen als auch Symptome für die schlechten Lebensumstände vieler Ureinwohner. Doch auch offener und versteckter Rassismus von Seiten vieler Australier trägt dazu bei, dass Aborigines die am stärksten benachteiligte Bevölkerungsgruppe des Landes sind.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.