Libanon: Islamisten eröffnen neue Front

Der Anschlag auf UNO-Soldaten im Süden des Landes verschärft die politische Krise. Die Hisbollah verurteilt die Tat. Sie geht möglicherweise auf das Konto von Fatah al-Islam.

Spanische UN-Soldaten im Libanon nach dem Attentat auf ihren Konvoi Bild: dpa

Einen Tag nach dem Tod von drei spanischen und drei kolumbianischen Blauhelmsoldaten bei einem Bombenanschlag im Südlibanon hat die Libanon-Schutztruppe der UNO (Unifil) am Montag ihre Sicherheitsmaßnahmen erhöht. Der Oberkommandierende der rund 13.000 Mann starken Truppe, der italienische Generalmajor Claudio Graziano, erklärte, der Anschlag habe sich nicht allein "gegen den Libanon und die Unifil" gerichtet, "sondern gegen die Stabilität in der ganzen Region". Die seit 1978 im Libanon präsenten, nach Ende des Libanonkrieges im August 2006 drastisch verstärkten Einheiten würden "nun noch stärker darauf bedacht sein, ihre Mission im Südlibanon zu erfüllen".

Laut libanesischen Sicherheitskreisen wurde die in einem Wagen am Straßenrand zwischen den südlibanesischen Städten Khiam und Marjajoun deponierte Bombe am Sonntagnachmittag per Fernsteuerung gezündet. Es ist der erste Anschlag auf Unifil-Einheiten seit Ende des Libanonkrieges. Zunächst bekannte sich niemand zu dem Anschlag. Erst vor einer Woche waren unweit der Anschlagstelle mehrere Katjuscha-Raketen nach Israel abgeschossen worden. Der "Libanon-Flügel" einer bislang unbekannten sunnitischen Gruppe namens "Dschihadi Badr Brigade" bekannte sich zum ersten Beschuss israelischen Territoriums seit knapp einem Jahr.

Die im Südlibanon über eine starke Anhängerschaft verfügende schiitische Hisbollah verurteilte den Anschlag auf die Unifil: "Dieser Akt der Aggression zielt darauf ab, Unsicherheit im Libanon, speziell im Süden des Landes zu verbreiten", hieß es in einer Erklärung der von Generalsekretär Hassan Nasrallah geführten "Partei Gottes". Spaniens Verteidigungsminister José Antonio Alonso traf am Montag in Beirut ein. Er bezeichnete den Anschlag als "terroristischen Akt".

Der Anschlag auf die Unifil fällt mitten in die heftigste innere Krise, die der Libanon seit Ende des Bürgerkrieges (1975-1990) durchmacht. Rund um das im Norden des Landes gelegene Palästinenserlager Nahr al-Bared führt die Armee seit mehr als fünf Wochen einen Krieg gegen Kämpfer der sunnitschen Terrorgruppe Fatah al-Islam. Mehr als 160 Menschen sind bei den Kämpfen bislang ums Leben gekommen, darunter über 70 Soldaten. Am Wochenende weiteten sich die Kämpfe auf die nordlibanesische Hafenstadt Tripoli aus, wo Gefechte zwischen Armee und Islamisten 11 Tote forderten.

In den vergangenen Wochen verhaftete Fatah al-Islam-Kämpfer hatten in Verhören gestanden, dass die erst vor einem Jahr in den Libanon eingesickerte Gruppe Anschläge auf die Unifil plane. Sunnitische Fatah-al-Islam-Kämpfer hatten der Unifil schon nach Beginn der Kämpfe um Nahr al-Bared vorgeworfen, die libanesische Marine militärisch zu unterstützen.

Der stellvertretende Al-Qaida-Chef Aiman al-Sawahiri hatte "die Präsenz internationaler Kräfte und Kreuzritter" im Südlibanon schon im Februar als inakzeptabel bezeichnet. Timur Göksel, langjähriger politischer Berater der Unifil-Kommandeure, schloss gegenüber der taz aus, dass die Hisbollah hinter dem Anschlag stehe: "Das wäre nicht in ihrem Interesse", sagte der heute als Dozent an der Amerikanischen Universität Beirut (AUB) tätige Türke. Auch der Beschuss Israels durch Katjuscha-Raketen vor einer Woche ginge nicht auf deren Konto.

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