Integrationsgipfel: Machtprobe mit Schäuble

Deutschtürkische Verbände drohen mit Boykott des Gipfels falls Einwanderungsgesetz verschärft wird. Koalition bleibt hart. Andere Migrantenverbände setzen auf Dialog.

Hält nichts von Schäubles Einwanderungsgesetz: Bekir Alboga vom türkisch-islamischen Dachverband. Bild: dpa

BERLIN taz Die Vorbereitungen auf den Integrationsgipfel im Kanzleramt entwickeln sich zu einer bisher beispiellosen Machtprobe zwischen Migranten und Regierung. Entweder die Verschärfungen der Einwanderungsgesetze werden in letzter Minute noch gestoppt - oder wir kommen nächste Woche nicht zum Gipfel mit Angela Merkel: Mit dieser Drohung versuchen Sprecher von deutschtürkischen Verbänden die große Koalition unter Druck zu setzen. Doch die Regierung reagiert kühl und lehnt jegliche Änderungen ab.

"Integration funktioniert nur mit Teilnahme, nicht mit Wegbleiben", sagte der Sprecher von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu den Boykottdrohungen. Schäuble will das Gesetzespaket, das höhere Hürden beim Familiennachzug und bei der Einbürgerung vorsieht, trotz der Proteste durchsetzen. "Ja, klar, davon gehe ich aus", sagte der Sprecher des Ministers auf die Frage, ob der Bundesrat die Verschärfungen am Freitag endgültig verabschieden werde. Die Migrantenvertreter hätten ausreichend Gelegenheit gehabt, Wünsche und Anregungen zu äußern. Dass künftig etwa nachziehende Ehefrauen schon vor der Einreise Deutschkenntnisse vorweisen müssten, sei "in deren wohlverstandenem Interesse". Auch Regierungssprecher Ulrich Wilhelm erklärte, die Gesetze seien nach "sorgfältiger Abwägung" entstanden und müssten nicht mehr geändert werden.

Nach diesen Festlegungen aus Berlin wäre ein Nein der schwarz-rot dominierten Länderkammer ein offener Affront gegen die Bundesregierung.

Aus dem CDU-regierten Hamburg hieß es zwar, Bundesratsabstimmungen seien "immer gut für eine Überraschung". So wünschen sich einige Bundesländer leichtere Zuzugsbedingungen für Hochqualifizierte. Doch mit dieser Forderung würden sie das gesamte Gesetzespaket aufhalten. "Das wird nicht mehr aufgeschnürt", hieß es aus Regierungskreisen in Baden-Württemberg.

Die Verschärfungen bei Familiennachzug und Einbürgerung, die vor allem die Türken stören, will ohnehin kein wichtiges Land mehr ändern. Beschließt der Bundesrat das Gesetz, heißt dies allerdings nicht zwangsläufig, dass die Türkische Gemeinde (TGD) und der größte türkisch-islamische Dachverband Ditib dem Gipfel wirklich fernbleiben. "Wir sind uns dann zwar so gut wie sicher", sagte Bekir Alboga von Ditib der taz. "Aber wir wollen die Entscheidung gemeinsam mit den anderen Organisationen der Migranten treffen."

Viele von diesen teilen zwar die Kritik an den Gesetzen, halten aber einen Gipfel-Boykott für falsch. "Ich gehe hin", sagte Nashaat Elfar, Vorsitzende der Deutsch-Arabischen Vereine, "wir müssen dort diskutieren." Auch Vicente Riesgo vom Bund spanischer Elternvereine will teilnehmen: "Es ist wichtig, dass der Dialog erhalten bleibt." Virginia Wangare-Greiner von Maisha, einer Selbsthilfegruppe afrikanischer Frauen, hält das Fernbleiben für falsch. "Wir haben so viel beigetragen", sagt sie, "jetzt wollen wir auch wissen, was rauskommt." Wer zum Gipfel kommt, soll am Wochenende endgültig entschieden werden.

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