Dresden: Fledermaus meidet Brückenterrain

Wegen der Kleinen Hufeisennase wurde der Baubeginn der Waldschlösschenbrücke untersagt. Doch das Tier kommt nahe des Geländes nicht vor.

Keine Kleinen Hufeisennasen: Standort der geplanten Waldschlösschenbrücke in Dresden Bild: dpa

DRESDEN taz Die Kleine Hufeisennase, jene possierliche geschützte Fledermausart, wird von den Bewahrern des Dresdner Welterbetitels als Ikone verehrt. Wegen ihrer ungenügenden Berücksichtigung im Planfeststellungsverfahren hatte das Verwaltungsgericht Dresden am Donnerstag den Baubeginn der umstrittenen Waldschlösschenbrücke untersagt, der den Verlust des Unesco-Welterbetitels nach sich ziehen würde. Die Kleine Hufeisennase aber kommt in der Umgebung der geplanten Brücke gar nicht vor. Das erfuhr die taz aus Gutachterkreisen, die mit den Naturschutzexpertisen beauftragt waren.

Die nächsten beobachteten Standorte liegen im etwa acht Kilometer entfernten Friedrichsgrund. In der Nähe war pikanterweise der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf beim Bezug seiner neuen Wohnung im Keppschloss mit der geschützten Fledermausart konfrontiert. Bis zum Brückenstandort aber fliegen die kleinen Säugetiere nicht. Nach Erfahrungen mit anderen Brücken im nahen Pirna und in Meißen könne auch davon ausgegangen werden, dass die Fledermäuse mit der Stadtlandschaft relativ gut zurechtkommen, so die Expertenmeinung. Bedauerlich sei hingegen, dass der Schutz ihrer bedeutendsten sächsischen Habitate und Jagdgebiete im Osterzgebirge beim Bau der Prag-Autobahn A 17 keine Rolle im öffentlichen Bewusstsein gespielt habe.

Die bedrohte Tierart nimmt erfreulicherweise wieder leicht zu und könnte sich allerdings auf die Elbhänge ausbreiten. Dann böte auch eine kleinere, im Sinne der Unesco weniger landschaftszerstörende Brücke den insektenfressenden Tieren keinen ausreichenden Schutz. Es sei denn, es würden in jedem Fall mindestens fünf Meter hohe Glaswände errichtet, wie an einigen Autobahnen zu sehen. Deshalb will beispielsweise der Naturschutzbund BUND weiterhin die Null-Lösung, also gar keine Brücke, oder einen Tunnel an der vorgesehenen Stelle für die Elbquerung. Der BUND hatte als einer von drei Naturschutzverbänden gegen die Brücke geklagt. "Wir sorgen uns um eine Kohärenz der bekannten Populationen und befürchten eine zerschneidende Wirkung der Brücke entlang des Verbindungsweges Elbe", begründete Landesgeschäftsführer Wolfgang Riether den Widerspruch trotz der nicht nachweisbaren akuten Bedrohung. Die vorliegenden Expertisen bezeichnete er als "Gefälligkeitsgutachten".

Inzwischen hat das Regierungspräsidium Dresden eine Beschwerde beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht gegen das Dresdner Urteil angekündigt. Die Kommunalaufsichtsbehörde hatte bereits über die Köpfe der Stadtverwaltung hinweg Ersatzvornahmen getätigt und ursprünglich für den gestrigen Montag den Baubeginn angeordnet. Wegen dieser Ersatzvornahmen möchte Dresdens Baubürgermeister Herbert Feßenmayr das Regierungspräsidium auch in Mithaftung nehmen, wenn durch den vorläufigen Gerichtsentscheid jetzt Schadensersatzforderungen der beauftragten Baubetriebe auf die Stadt zukommen. Dabei geht es um Millionenbeträge. Hinsichtlich des Fledermausschutzes kündigte er ein vertieftes Gutachten an. Den gerichtlich erzwungenen Bauaufschub wertete er als "Chance für eine politische Zusammenarbeit im Sinne des Welterbetitels, nicht im Gegeneinander der Lager".

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