Finanzkrise: Auch Spanien bangt um Immobilien

Nach Jahren des Booms droht auch spanischen Hausbesitzern empfindliche Wertverluste. Und Banken bangen um leichtfertig vergebene Kredite.

Residiert lieber zur Miete: Emilio Botin, Präsident von Spaniens größter Bank Santander. Bild: dpa

MADRID taz Nach dem Urlaub folgte prompt eine Übung im Schönreden: Die durch das Hypothekengeschäft in den USA hervorgerufene internationale Finanzkrise "wird keine nennenswerten Auswirkungen auf die Entwicklung der spanischen Ökonomie haben", erklärte Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero auf seiner ersten Pressekonferenz nach der Sommerpause.

Doch die Zahlen erwecken einen anderen Eindruck: 14 spanische Banken und Investmentfonds haben bereits zugegeben, im Geschäft mit den US-Risiko-Hypotheken verwickelt zu sein. In den nächsten Tagen dürfte die spanische Börsenaufsicht weitere Zahlen veröffentlichen.

Doch nicht nur ferne US-Geschäfte sorgen für Unruhe, auch der heimische Immobilienmarkt birgt schwer kalkulierbare Risiken. In Spanien gibt es offiziell keine Risikohypotheken wie in den USA, doch ist die Politik der Banken bei der Kreditvergabe in den vergangenen Jahren alles andere als rigoros. Viele Geldinstitute finanzieren Wohnungen ohne Anzahlung. Eine Bescheinigung über Schwarzeinkünfte wird bei der Risikoberechnung oft als Ergänzung zum Lohnzettel akzeptiert. Hatten die Hypotheken vor zehn Jahren noch eine Laufzeit von 15 bis 25 Jahren, werden mittlerweile Wohnungskredite auf bis zu 50 Jahren angeboten. Das Risiko, dass der Kreditnehmer zahlungsunfähig wird, steigt.

Noch geben die Banken die Zahl der Hypotheken, die ein erhöhtes Risiko aufweisen, nur mit 1,27 Prozent an. Dem widerspricht jedoch die ständig steigende Zahl der Zahlungsunfähigen. Alleine in den vergangenen zwölf Monaten wuchs sie um 30 Prozent. Im vergangenen Jahr hatten die Banken dadurch mehr Ausstände, als sie an neuen Krediten vergeben haben.

Gleichzeitig schwächelt der Immobilienmarkt. Nirgendwo in Europa sind die Wohnungspreise in den vergangenen zehn Jahren so stark gestiegen wie in Spanien. Vielerorts haben sie sich mehr als verfünffacht. Die Befürchtung macht sich breit, diese Immobilienblase könnte blatzen. In diesem Jahr erfahren die Wohnungen nur noch eine durchschnittliche Wertsteigerung von 4,4 Prozent. Im Vorjahr waren es noch 10,4 Prozent. Vielerorts fallen die Wohnungspreise gar.

Sollte dies überall geschehen, wären die Folgen verheerend. Denn das überdurchschnittlich hohe Wirtschaftswachstum der letzten Jahre ist dem Bauboom zu verdanken. Bricht der Bausektor zusammen, droht neue Massenarbeitslosigkeit. Die Schuldner müssten dann zudem Wohnungen abbezahlen, die sie zu einem viel höheren Preis erstanden haben. Bei Zahlungsunfähigkeit würden auch die Banken bei einer Zwangsversteigerung Geld verlieren. Der Markt könnte schnell von Wohnungsangeboten überspült werden: In Städten wie Madrid stehen neuerrichtete Stadtteile so gut wie leer. Die Wohnung wurden nur als Spekulationsobjekte gekauft.

Spaniens größte Bank, die Banco Santander Central Hispano, hat die Zeichen der Zeit erkannt. Vor wenigen Monaten verkaufte sie ihr gesamtes Immobilienguthaben. Sie lebt jetzt zur Miete.

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