Japan: Hitzewelle löst Energie-Notstand aus

Stromkonzern aktiviert Notplan. Regierung will Essstäbchen sammeln - sie sollen zu Biosprit verarbeitet werden.

Wegen der Hitzewelle steigt die Nachfrage nach Ventilatoren - und die nach Strom. Bild: dpa

BERLIN taz Mit Temperaturen um die 40 Grad erlebt Japan eine anhaltende Hitzewelle, die bislang zwölf Menschen das Leben kostete. Weil Ventilatoren und Klimaanlagen auf Hochtouren laufen, wächst nun die Sorge, dass der Strom knapp wird. 3,42 Milliarden Kilowatt lieferten Japans zehn Versorgungsgesellschaften gestern. Das sind 30 Millionen mehr als der bisherige Höchststand aus dem Jahr 2001.

Japans größter Energieversorger, Tokyo Electric Power (Tepco), sah sich gestern gezwungen, erstmals seit 17 Jahren einen Notplan in Kraft zu setzen. Tepco fürchtet, dass er nicht mehr ausreichend Energie liefern kann, wenn die Temperaturen wie prognostiziert weiterhin über 35 Grad bleiben.

Wie die Nachrichtenagentur Kyodo meldete, wurden 23 Großkunden angewiesen, ihren Stromverbrauch zwischen ein und fünf Uhr nachmittags herunterzufahren. Damit wollte der weltgrößte private Energiekonzern 150.000 bis 200.000 Kilowatt Strom einsparen. Tepco warb außerdem in TV-Werbespots und auf Flugblättern für das Energiesparen. Außerdem erhielt Tepco die Erlaubnis, ein Wasserkraftwerk wieder in Betrieb zu nehmen, das wegen des Verstoßes gegen Umweltgesetze geschlossen worden war. Tepco steht immer wieder wegen des Verstoßes gegen Auflagen und der Vertuschung von Informationen in der Kritik.

Zuletzt geriet Tepco nach dem schweren Erdbeben von Juli in die Schlagzeilen, nach dem es sein Atomkraftwerk in Kashiwazaki vom Netz nehmen musste. Das AKW in der Provinz Niigata ist eine der größten Atomanlagen der Welt. Die fehlende Produktion des AKW macht Tepco angesichts der akuten Versorgungskrise zusätzlich zu schaffen. Japanische Wissenschaftler erneuerten laut Japan Times in dieser Woche ihren Appell, die Anlage nicht wieder ans Netz zu bringen. Bei der hohen Erdbebengefährdung sei es unverantwortlich, die Anlage weiter zu betreiben.

Die internationale Atomenergiebehörde hatte in der vergangenen Woche einen Bericht veröffentlicht, nach dem am AKW zwar keine äußeren Spuren von Folgeschäden nach dem Beben sichtbar seien. Die IAEO mahnte jedoch eine weitergehende Untersuchung an.

Die Energiekrise führt im rohstoffarmen und erfindungsreichen Japan auch zu äußerst innovativen Ideen. Millionen gebrauchter Essstäbchen aus Holz könnten künftig statt auf der Mülldeponie in der Biospritanlage landen. Wie ein Vertreter des Landwirtschaftsministeriums gestern mitteilte, plane man, überall im Land Sammelboxen aufzustellen. 127 Millionen Japaner mal 200 Essstäbchen pro Jahr ergäben 90.000 Tonnen Holz, so die Rechnung des Ministeriums. Auch andere Abfälle sollten auf ihre Verwertbarkeit für Biosprit untersucht werden, so der Sprecher. ANETT KELLER

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