Carsharing: Geteiltes Auto, doppelter Nutzen

Neue Zahlen belegen: Das Autoteilen erlebt einen kleinen Boom. Kein Wunder, denn nicht nur die Umwelt profitiert, sondern auch der Geldbeutel.

Die Car-Sharing-Idee findet auch in Berlin immer mehr Anhaenger. Bild: AP

Können sich 45 Menschen über etwas einig werden, was ihnen gleichermaßen lieb und teuer ist? Unter bestimmten Voraussetzungen: ja. Wenn man damit Geld sparen und zugleich die Umwelt schonen kann, sind viele Berliner bereit, das vermeintlich höchste Gut der Deutschen kollektiv zu nutzen: das Auto.

Beim Carsharing stehen die Fahrzeuge in der Regel auf fest angemieteten Parkplätzen. Nutzer reservieren das Auto zwar meist im Voraus, im Unterschied zur Autovermietung ist die Fahrzeugnutzung aber auch spontan möglich. Kein Wunder, dass dieses simple Prinzip in einer Stadt wie Berlin immer mehr Nutzer findet - nicht nur unter Privatpersonen. Auch Firmen haben das Gemeinschaftsauto für sich entdeckt. TAZ

Seit den Anfängen vor fast 20 Jahren hat sich Carsharing eine Nische im Berliner Verkehrsangebot erobert. Das Prinzip ist simpel: Einmal angemeldet, kann jeder Kunde telefonisch oder per Internet einen Wagen in seiner Nähe buchen, den er dann mit einem persönlichen Chip öffnet. Die Nutzungskosten berechnen sich nach Streckenlänge und Fahrtdauer. "Für Fahrer, die weniger als 7.000 Kilometer im Jahr zurücklegen, ist Carsharing ein Goldesel", meint Werner Reh, Verkehrsreferent vom BUND.

Die ersten gemeinschaftlich genutzten Autos standen schon 1988 auf Berliner Parkplätzen, aber erst in den letzten drei Jahren erlebt Carsharing einen kleinen Boom: Laut einer Umfrage hat sich die Kundenzahl in diesem Zeitraum auf etwa 12.600 pro Jahr verdreifacht. Besonders die gute Verfügbarkeit der Autos sowie die Umweltverträglichkeit des Modells locken immer mehr Menschen, auf ein eigenes Gefährt zu verzichten. Teure Reparaturen oder das Zittern vor dem TÜV ersparen sich Gelegenheitsnutzer ohnehin.

"Zur Zeit haben wir in Berlin gut 100 Autos, die sich 4.500 Kunden teilen", sagt Birger Holm vom Carsharing-Unternehmen Greenwheels. "Allein in den vergangenen anderthalb Jahren sind rund 1.500 Kunden dazugekommen". Die Entwicklung auf dem Markt sei "sehr erfreulich". Der Mitbewerber DB Carsharing äußerte sich trotz mehrfacher Anfrage der taz nicht zu seinen Kundenzahlen in Berlin.

Eine "dynamische Entwicklung" auf dem Autoteiler-Markt siehtt auch Dirk Hillbrecht. Seit Frühjahr bietet seine Firma Stadtmobil sechs Autos in Prenzlauer Berg und Friedrichshain an. "So offensiv wie in Berlin wird das Thema Carsharing in keiner anderen deutschen Stadt angegangen", findet Hillbrecht. Das Potenzial seien längst nicht ausgeschöpft.

"In den nächsten zehn Jahren könnte sich Carsharing in Berlin verfünffachen", schätzt BUND-Verkehrsexperte Reh. Besonders der gut ausgebaute öffentliche Nahverkehr sei eine wichtige Voraussetzung für Carsharer, um zu den Stellplätzen zu gelangen.

Doch nicht nur Anbieter und Kunden profitieren, auch die Umwelt nimmt weniger Schaden. Laut Reh wird der CO2-Verbrauch beim Carsharing um 18 Prozent reduziert: "Bei Preisen von 0,25 Cent pro Kilometer können die Anbieter da keine Spritfresser hinstellen."

Mehrere Bezirke unterstützen das Carsharing mit kostenlosen Parkflächen. Neben Bremen ist Berlin das einzige Bundesland, in dem dies - aufgrund eines Senatsbeschlusses - überhaupt möglich ist. "Die Berliner sind Pioniere mit dem Projekt, öffentlichen Straßenraum als Stellplätze zu nutzen", sagt Birger Holm von Greenwheels. Seit Mai 2006 kooperieren die Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg und Neukölln mit den Anbietern, um exklusive Flächen an stark frequentierten Orten der Stadt freizuhalten.

Auch Touristen, die etwa mit der Bahn anreisen und schon Carsharing-Kunden in ihrer Heimatstadt sind, nutzen das Angebot. "Ungefähr fünf Prozent der Fahrten gehen auf das Konto von Nicht-Berlinern, die auch im Urlaub Autos teilen", so Holm.

Dabei wirkt sich das Autoteilen auch positiv auf das Fahrverhalten aus. "Je länger man Carsharing nutzt, desto weniger fährt man", hat Hillbrecht beobachtet. Dennoch habe das Autoteilen einen Haken für viele deutsche Kunden: "Ein Auto ist immer noch ein Statussymbol - und Carsharing-Autos kann man nun mal nicht tunen."

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