Gesetzesentwurf: Koalition ringt um Pflegeurlaub

Der Gesetzentwurf zur Pflegereform sieht keinen bezahlten Pflegeurlaub vor. Heime sollen die Veröffentlichung von Kontrollberichten mitbestimmen können.

"Die individuelle Lebensqualität der Pflegebedürftigen berücksichtigen..." Bild: ap

Berlin taz Mit ihrem Vorschlag von zehn Tagen bezahlter Pflegezeit hat sich Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) in der Koalition bislang nicht durchgesetzt. Die Lohnfortzahlung hierfür sei "innerhalb der Koalition noch nicht endgültig abgestimmt", heißt es im Referentenentwurf ihres Ministeriums für das Gesetz zur Pflegereform, der der taz vorliegt.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Arbeitnehmer bis zu zehn Tagen ihrer Arbeit fernbleiben dürfen, "um einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren". Nach der Vorstellung der Gesundheitsministerin soll dabei ein Anspruch auf ein Pflegeunterstützungsgeld entstehen, das die Pflegekasse zahlt. Das soll so hoch sein wie das Krankengeld, das Eltern bekommen, wenn sie wegen ihrer kranken Kinder zu Hause bleiben müssen. Die Union lehnt das bislang ab.

Der Referentenentwurf ist am Dienstag mit der Bitte um Stellungnahmen bei den Fachverbänden und den beteiligten Ministerien eingegangen. Der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) meldete sich umgehend zu Wort. "Transparenz muss ohne Rücksichtnahme erreicht werden", forderte MDS-Geschäftsführer Peter Pick auf einem Kongress in Berlin. Damit kritisierte er, dass die Prüfberichte des Dienstes künftig doch nicht vollständig veröffentlicht werden sollen. Die Pflegeeinrichtungen, so sieht es der Entwurf vor, können die Kriterien der Prüfung und ihrer Veröffentlichung mitbestimmen. "Es käme ja auch keiner auf die Idee, die Waschmittelindustrie die Prüfkriterien der Stiftung Warentest mitbestimmen zu lassen", kritisierte Pick und forderte deutliche Nachbesserungen. Kontraproduktiv sei auch, dass sich laut Entwurf Pflegeheime eigene Zertifikate ausstellen können, um nicht vom MDS überprüft zu werden.

Mit seinem jüngst veröffentlichten Pflege-Qualitätsbericht hatte der MDS für Aufregung gesorgt. Danach leidet jeder zehnte Heimbewohner an Gesundheitsschäden, die durch mangelhafte Pflege verursacht werden. Bislang dürfen die Pflegeheime im Bericht nicht namentlich genannt und bewertet werden. Das soll sich künftig ändern.

Auf dem Kongress des MDS sprachen sich sowohl Vertreter von Wohlfahrtsverbänden als auch private Pflegeanbieter für eine vollständige Veröffentlichung des MDS-Berichtes aus. Dieser müsse in einer für Laien verständlichen Sprache geschrieben sein. Sabine Strüder von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz forderte, dass auch die individuelle Lebensqualität der Pflegebedürftigen berücksichtigt werde. Gute Pflege lasse sich zum Beispiel nicht nur an Gewichtszunahmen feststellen, sondern auch daran, in welchem Ambiente das Essen eingenommen wird, sagte Strüder.

Zentrale Punkte im "Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung" sind neue Leistungen für Demenzkranke, die schrittweise Anhebung der Pflegesätze, die Schaffung von Pflegestützpunkten und die Einführung einer sechsmonatigen, unbezahlten Pflegezeit für Angehörige.

Finanziert werden sollen die Reformen durch eine Erhöhung des Beitrags zur Pflegeversicherung. Er soll zum 1. Juli 2008 von derzeit 1,7 auf 1,95 Prozent erhöht werden. Kinderlose zahlen wie bisher schon 0,25 Prozentpunkte mehr. Damit soll die Finanzierung der Pflegeversicherung bis 2015 gesichert sein.

Der Gesetzentwurf soll, heißt es im Bundesgesundheitsministerium, im Oktober ins Kabinett eingebracht werden, die erste Lesung im Bundestag ist noch in diesem Jahr vorgesehen. In Kraft treten soll die Reform dann am 1. Juli 2008.

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