Irak-Debatte: "Zeit, den Rückzug einzuleiten"

Ungeachtet der optimistischen Berichte von Oberbefehlshaber Petraeus zur Lage im Irak drängen die US-Demokraten auf ein baldiges Abzugsdatum.

"Beleidigt die Intelligenz des US-Volkes": David Petraeus, US-Oberbefehlshabers im Irak Bild: ap

WASHINGTON taz Nach einer hitzigen Debatte im Senat haben die US-Demokraten versucht, Präsident George W. Bush auf ein Datum für den Abzug der US-Truppen aus dem Irak festzunageln. Der Vorschlag des US-Oberbefehlshabers im Irak, David Petraeus, nur die aufgestockten 30.000 Soldaten bis zum Sommer nächsten Jahres abzuziehen, sei "völlig inakzeptabel und beleidigt die Intelligenz des amerikanischen Volkes", schimpfte die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, während der Debatte.

Bei der Befragung von General Petraeus und dem US-Botschafter Ryan Crocker am Dienstag erklärte der demokratische Senator Joe Biden, unabhängig von den zweifelhaften militärischen Erfolgen durch die Truppenaufstockung sei es "jetzt Zeit, unseren Rückzug einzuleiten".

Präsidentschaftskandidat Barack Obama kritisierte, angesichts des Chaos im Irak verkaufe die US-Regierung selbst kleinste Verbesserungen als Erfolg. Aber die Wahrheit sei: "Dieser Krieg ist weiterhin ein verheerender außenpolitischer Fehler." Zuvor hatte er mit allgemeinen kritischen Bemerkungen zum Kriegsverlauf schon so viel Redezeit verbraucht, dass er nur noch eine Frage stellen konnte: "Wie beseitigen wir diesen Schlamassel? Wann können wir den Irak verlassen?" Eine Frage, auf die sowohl Crocker wie Petraeus antworteten, dass die Regierung in Bagdad dafür noch nicht bereit sei.

Sowohl Petraeus als auch Crocker räumten ein, dass die irakische Regierung immer noch nicht funktioniert, betonten aber, "dass ein übereilter Rückzug der US-Truppen den Irak verletzbar für Einflüsse von außen macht, inklusive aus dem Iran". Petraeus versicherte, dass "dramatische Verbesserungen der Sicherheitslage im Norden und Westen Iraks die Tür für eine bedeutsame Stabilisierungspolitik geöffnet haben". Crocker verwies darauf, dass Bagdad nun die Öl-Einnahmen auch ohne förmliches Gesetz teile, dass die Zentralregierung den Provinzen mehr Geld gebe und Bereitschaft zeige, mittels föderaler Strukturen die Macht zu teilen, und dass religiöse wie ethnische Gruppen und geschasste Offiziere und Beamte zunehmend in die lokalen und zentralen Sicherheitskräfte wie die Verwaltung integriert würden.

Erstmals verkaufe der Irak nun wieder Öl, verhandele mit Kuwait über ein Handelsabkommen, stehe mit Syrien in Kontakt, weil über dessen Grenze noch immer Extremisten ins Land kommen, und Saudi-Arabien eröffne demnächst seine Botschaft in Bagdad wieder.

Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry M. Reid, verhandelt nun mit dem Republikaner Mitch McConnell, um die Bedingungen frustrierter Konservativer für ihre Unterstützung einer Parlamentsdebatte nächste Woche zu sondieren. Damit soll Präsident Bush eine Frist von 60 Tagen gegeben werden, dem Parlament einen detaillierten Abzugsplan vorzulegen.

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