Atlantiküberquerung: Allein im Ozean

89 Segler wollen bei der Mini Transat 2007 in ihren Einmannbooten den Atlantik überqueren - ein Wettkampf, bei dem neben Stürmen und Wellen die Einsamkeit der größte Gegner ist.

Auf den Pontons herrschte reges Treiben. Es wurde geräumt, gepackt, verstaut, die letzten Dinge wurden optimiert. Gestern ist es endlich losgegangen. Die Regatta über den Atlantik läuft. Die "Mini Transat 2007" wurde im französischen La Rochelle gestartet. Allein haben sich die Teilnehmer auf die Reise gemacht, auf einem Boot, das gerade einmal 6,50 Meter lang und 3 Meter breit ist. "Mini" werden diese Boote genannt. Daher der Name der Regatta: Mini Transat.

Die kleinen Boote werden in Serien- und Prototypen unterschieden. Ein Boot der Serienkategorie muss mindestens zehnmal gebaut worden sein, und bestimmte ultraleichte Materialien wie Carbon und Kevlar dürfen nicht verwendet werden. Ganz anders bei den Prototypen. Hier dürfen sich Konstrukteure austoben und das technisch Machbare in den knapp eine Tonne leichten Booten verbauen. Schwenkkiele, drehbare Masten und Rümpfe aus Carbon sind hier Voraussetzung für ein konkurrenzfähiges Boot.

Als die letzten Vorbereitungen für das Rennen noch laufen, drängen sich Grundschulkinder in gelben Schwimmwesten auf die Stege und bombardieren die Segler mit Fragen. Wie es sich 30 Tage auf offener See aushalten ließe auf so einem kleinen Boot, wollen sie wissen. Schulkinder haben für die Yachten bunte Bilder gemalt, die in die Großsegel geklebt werden und den Konkurrenten Glück bringen sollen. Die Segler freuen sich über die guten Wünsche.

Einer der zehn Profisegler, die an der Regatta teilnehmen, ist Isabelle Joschke. Für sie interessieren sich die Fans besonders. Die 30 Jahre alte Deutschfranzösin wird als Favoritin gehandelt. Ihr wird zugetraut, das beste Ergebnis einer Frau bei der Mini Transat zu übertreffen. 1997 wurde die Französin Isabelle Autissier Dritte.

Auch drei Deutsche befinden sich unter den 89 Startern in La Rochelle. Für sie wird es schwer sein, sich im Feld der Profisegler durchzusetzen. Dominik Zürrer (28), Elektroingenieur aus Siegen, hat die Herausforderung jedenfalls angenommen. Er macht sich mit seiner Pogo, einem Serienboot mit dem Namen "Ubik", auf die Reise über den Atlantik. Für Ihn, so sagt er, sei es ein lang gehegter Traum, der nach der erfolgreichen Qualifikation in Erfüllung geht. "Damit ich teilnehmen kann, bin ich im vergangenen Jahr über 6.000 Seemeilen gesegelt. Darunter 4.000 Seemeilen in offiziellen Regatten", sagt er und formuliert selbstbewusst sein Ziel. Unter die ersten Zehn der Serienbootwertung wolle er kommen. Und dann soll es weitergehen: "Das große Ziel für mich ist das Vendée Globe." Als erster Deutscher Einhandsegler wäre er dann 100 Tage auf einem gut 18 Meter langen Boot rund um die Welt unterwegs.

Faszinierend ist die Mini Transat auch deshalb, weil es um mehr geht, als die fragilen Hightechmaschinen heil über den Atlantik zu bringen. Die psychische, aber auch physische Anspannung ist enorm, die Sorge um Verletzungen schwingt mit. Permanente Feuchtigkeit, die die Finger aufquellen lässt und anfällig für Verletzungen macht. Komfort sieht anders aus. Ein kleiner Eimer dient den Seglern als Toilette. Die Kojen sind meistens feucht und klamm vom Seewasser, das durch den Niedergang herunterläuft. Die Kondensation der feuchten Atlantik-Luft tut ihr Übriges. Dominik Zürrer weiß, was auf ihn zukommt. "Der Spaß ist das Ankommen" sagt er. Und: "Bei Flaute habe ich keinen Spaß, aber die Motivation anzukommen, die bleibt das ganze Rennen. Und der schönste Moment ist der, die Ziellinie zu überqueren. Dann bekommt man seinen Obstkorb und einen Caipirinha und ich weiß: Ich habe es geschafft!"

In Deutschland wird all das kaum einer wahrnehmen. In Frankreich wird das Rennen von einem breiten Publikum verfolgt. Es ist ein Spektakel. Beim Start waren die Molenköpfe von La Rochelle mit Segelbegeisterten gesäumt, die Piloten wurden verabschiedet in die Einsamkeit einer Atlantiküberquerung.

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