Kommentar Leitzinssenkung: Mit billigem Geld gegen die Krise

Für die Senkung der Leitzinsen verdient die amerikanische Fed Anerkennung. Nun sollte die EZB folgen, anstatt das Inflationsgespenst zu beschwören.

Die Entscheidung der US-Notenbank, den Leitzins um 50 Basispunkte auf 4,75 Prozent sowie den Diskontsatz zu senken, verdient Anerkennung. Mit dieser Maßnahme will die Notenbank den Geschäftsbanken einen niedrigeren Preis für Liquidität anbieten. Schließlich sind die Geschäftsbanken wegen der tiefen Vertrauenskrise beim Handel mit Geld untereinander geizig geworden. Ob die Geschäftsbanken dieses zinspolitische Signal über billigere Kredite ans Publikum weitergeben, ist unsicher. Sicher ist jedoch: Die Notenbank nimmt die weltweite Finanzmarktkrise offenbar sehr ernst.

Zudem will sie verhindern, dass die Produktionswirtschaft zum Opfer der Finanzkrise wird. Die US-Notenbank mit ihrem Chef Ben Bernanke setzt ein mutiges Signal für die Weltwirtschaft. Sicherlich wird jetzt auch Kritik laut. Schließlich habe Alan Greenspan auf die geplatzte New-Economy-Blase Anfang 2000 mit einer Senkung des Leitzinssatzes auf ein Prozent reagiert. Dies habe ja erst zur Immobilienblase geführt. Doch Greenspans Entscheidung war damals richtig. Der drohende Einbruch der Produktionswirtschaft wurde verhindert. Dass Hypothekenbanken diese Billigzinsen missbraucht haben, um Häuslebesitzer abzuzocken, darf der Geldpolitik nicht angelastet werden.

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist gut beraten, der US-Geldpolitik zu folgen und ihren Leitzins ebenfalls um 50 Basispunkte zu senken. Obwohl der EZB-Chef die Finanzmarktkrise auch ernst nimmt, hat der Zentralbankrat den Leitzins bisher unverändert gelassen. Wieder einmal wird das Inflationsgespenst beschworen und damit geldpolitische Rechthaberei praktiziert. Doch muss die EZB jetzt dafür sorgen, dass sich die Erwartung auf eine Finanzmarktkrise mit negativen Folgen für die Produktionswirtschaft nicht erfüllt. Die EZB besteht bei geldpolitischen Entscheidungen auf ihrer Unabhängigkeit. Nutzt sie diese aber für Fehlentscheidungen, bedarf es der Kritik von Politik und Öffentlichkeit. RUDOLF HICKEL

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