Demenzforschung: Das Chaos soll zur Normalität werden

Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) will die Erforschung und Behandlung von Demenzkranken verbessern. Ende des Jahres wird ein neues Forschungszentrum entstehen.

Wohngemeinschaft für Demenzkranke Bild: dpa

BERLIN taz Die Bundesregierung will die Erforschung von Demenz und Alzheimer verbessern. Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) kündigte gestern die Gründung eines nationalen Demenzforschungszentrums an. Damit solle "wissenschaftliches Potenzial gebündelt und Deutschland international an die Spitze geführt werden", sagte Schavan gestern am Welt-Alzheimertag während eines Kongresses in Berlin.

Das Zentrum soll zum Jahreswechsel 2008/2009 seine Arbeit aufnehmen, ein Gründungsdirektor wird im November dieses Jahres präsentiert. Der Standort des Zentrums ist noch nicht beschlossen, er soll über eine Ausschreibung im nächsten Jahr festgelegt werden. Das Forschungsministerium will das Zentrum mit 50 bis 60 Millionen Euro fördern. Damit werde der Beschluss der großen Koalition umgesetzt, mehr Geld in Gesundheits- und Altersforschung zu investieren, sagte Schavan.

In das neue Forschungszentrum sollen zehn bereits bestehende Einrichtungen eingebunden werden. "Wir wollen die unterschiedlichen Disziplinen in der Erforschung und Behandlung von Demenz vernetzen", erklärte Schavan.

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) forderte auf dem Kongress, Demenzkranke gehörten in die Mitte der Gesellschaft. "Die Würde des Menschen gilt auch für Demenzkranke, aber in der Realität wird dies nicht immer hergestellt. Oft erhalten Demenzkranke nicht die Betreuung, die sie brauchen", sagte sie. Es brauche eine Neudefinition des Pflegebegriffs, weg von der minutenbezogenen Pflege, hin zur individuellen Anpassung an den Menschen.

Wie genau dies aussehen kann, wurde anschließend auf dem Kongress diskutiert. Vertreter von Pflegeeinrichtungen forderten, demente Menschen müssten ihre eigene Sicht von Normalität leben können. "Demente Menschen bedeuten Chaos, und wir müssen Einrichtungen schaffen, in denen das Chaos zur Norm werden kann", sagte Michael Schmieder, Leiter eines Modellheims für Demente in der Schweiz. "Demente Menschen sind in ihrer eigenen Wahrnehmung gesund, und das müssen wir akzeptieren."

In Deutschland leben rund 1,1 Millionen Menschen mit Demenz, die häufigste Ursache ist Alzheimer, der Verlust von Nervenzellen im Gehirn. Experten schätzen, dass die Zahl der Demenzerkrankungen in den nächsten zwanzig Jahren auf 1,7 Millionen steigen wird.

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