Feinstaub: Anspruch auf saubere Luft

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gibt einem Anwohner Recht, der die Stadt München auf Maßnahmen gegen Feinstaub verklagt hatte.

Dicke Luft? Ab jetzt können Bürger dagegen klagen. Bild: AP

MÜNCHEN taz Bürger können ihre Kommune auf wirksame Maßnahmen gegen übermäßige Feinstaubbelastung verklagen. Dies hat gestern das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden. Welche Maßnahmen konkret verlangt werden können, ließ das Gericht allerdings offen. Der Rechtsstreit wird vor dem Verwaltungsgerichtshof München fortgesetzt.

Geklagt hatte der Münchner Dieter Janecek, der als Landesgeschäftsführer für die bayerischen Grünen arbeitet und privat an der Landshuter Allee wohnt, einer Münchner Hauptverkehrsader. Dort wurden im Vorjahr die Grenzwerte für Feinstaub 92-mal überschritten, 2005 sogar 107-mal. Tolerabel ist die Überschreitung des Grenzwerts nach dem seit Anfang 2006 geltenden EU-Recht aber nur 35-mal pro Jahr. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass Feinstaub jährlich zu 17.000 vorzeitigen Todesfällen in Deutschland führt.

Schon Ende März hatte das Bundesverwaltungsgericht auf Klage von Janecek festgestellt, dass das Land Bayern wegen der Überschreitung der Grenzwerte eigentlich einen Aktionsplan aufstellen muss. Nach deutschem Recht kann Janecek einen derartigen Aktionsplan aber nicht persönlich einklagen. Ob dies nach Europarecht möglich ist, muss noch der Europäische Gerichtshof entscheiden.

Schon im März haben die Leipziger Richter jedoch angedeutet, dass Janecek, wenn es schon keinen umfassenden Aktionsplan gegen schlechte Luft gibt, wenigstens konkrete Einzelmaßnahmen verlangen kann. Dies hat das Gericht jetzt auch festgeschrieben. Die Argumentation der Stadt München, es fehle ja noch ein Aktionsplan des Landes, hat das Bundesverwaltungsgericht gestern abgelehnt.

Welche Maßnahmen die Stadt erlassen muss, ließ das Leipziger Gericht freilich offen. Die Stadt könne vielmehr unter mehreren Maßnahmen auswählen. In Betracht kommt für die Richter zum Beispiel eine Umleitung des Lkw-Durchgangsverkehrs.

Die Richter verlangen allerdings nur Maßnahmen, die "verhältnismäßig" sind. Damit ist wohl gemeint, dass nicht der Verkehrssektor allein die gesamte Feinstaubproblematik lösen muss. Nach Angaben von Janeceks Anwalt, Remo Klinger, trägt der Verkehrssektor an der Landshuter Allee 60 Prozent zur Feinstaubbelastung bei, davon rührt die Hälfte des konkreten Verkehrs auf dieser Straße.

Die Leipziger Richter wiesen den Prozess zurück an den VGH, weil Kläger Janecek nicht direkt an der Messstelle wohnt, sondern 900 Meter davon entfernt. Es muss jetzt also gemessen werden, wie die Belastung bei ihm konkret aussieht.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die den Prozess als Musterprozess unterstützte, begrüßte das Urteil. "Endlich gibt es ein einklagbares Recht auf saubere Luft", sagte Geschäftsführer Jürgen Resch. Die DUH will nun in ausgewählten Kommunen Eilverfahren zur "Durchsetzung wirksamer Verkehrslenkungsmaßnahmen" initiieren.

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