Bosnien - Srpska: Polizeireform in Bosnien kommt voran

Bei dem zwischen Bosniaken und Serben umstrittenen Projekt scheint nun ein Kompromiss möglich. Das würde auch die Annäherung an die EU erleichtern.

Bequemt sich unter dem Druck der internationalen Gemeinschaft zu Verhandlungen: Milorad Dodik, Ministerpräsident der Republika Srpska. Bild: rtr

SARAJEVO taz Als am späten Freitagabend die Nachricht kam, Serben und Bosniaken (bosnische Muslime) hätten sich nach jahrelangen Querelen und Verhandlungen auf die umstrittenen Polizeireform geeinigt, waren viele Bosnier erst einmal erleichtert. Denn eine damit verbundene Annäherung an die EU verheißt Stabilität und wirtschaftlichen Fortschritt.

Die Polizeireform ist die Voraussetzung für das Land, sich im Rahmen eines Assoziierungs- und Stabilisierungsabkommens an die EU anzunähern. Nach dem Willen der EU sollen sich die politischen Parteien und Vertreter der Volksgruppen der Bosniaken, Serben und Kroaten auf eine einheitliche und vom Gesamtstaat dirigierte Polizei einigen. Denn nach dem Friedensabkommen von Dayton von 1995, das den Krieg in Bosnien und Herzegowina beendete, wurden zwei sogenannte Entitäten geschaffen, die Republika Srpska und die bosniakisch-kroatische Föderation, in denen es unterschiedliche Polizeitruppen gibt. Nach der Reform sollen die Behörden enger zusammenarbeiten und aus einem Etat finanziert werden. Die Polizei soll zudem unparteiisch agieren.

Die Polizeireform war in den vergangenen Jahren ein Synonym für die Überwindung der Teilung des Landes und der Stärkung des schwachen Gesamtstaats und insofern sehr wichtig. Doch nun kam die Ernüchterung. Denn was am Freitag zunächst als ein Durchbruch bezeichnet wurde, schrumpfte bei näherer Betrachtung zu einer lediglich wichtigen Etappe auf dem Weg dahin. Denn bei dem gefeierten Abkommen handelte es sich nur um eine Angelegenheit zwischen den "starken Männern" der Bosniaken und Serben. Es war Ergebnis eines Treffens zwischen dem Mitglied des Staatspräsidiums, Haris Silajdþic, und dem Ministerpräsidenten der Republika Srpska, Milorad Dodik, bei dem andere ausgeschlossen waren.

Silajdþic will die Dayton-Verfassung überwinden und einen einheitlichen Bürgerstaat, Dodik will an der Republika Srpska festhalten und den gemeinsamen Staat schwach halten. Silajdþic will eine gemeinsame Polizei, die nicht nach den Entitäten, sondern in Regionen gegliedert ist, Dodik beharrt auf der Polizei der Republika Srpska. Beide Positionen stehen also diametral gegeneinander und waren bisher nicht kompromissfähig.

Doch beide stehen auch unter dem Druck der internationalen Gemeinschaft. Der Slowake Miroslav Lajcak, der neue Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina, hat beiden Politikern mehrmals gedroht, sie aus ihren Ämtern zu entfernen, wenn sie bis Ende September keinen Kompromiss finden. Die Polizeireform könnte auch aufgezwungen werden, hieß es im Umkreis Lajcaks, die Machtmittel habe der Hohe Repräsentant.

Und so bequemten sich beide zu den Gesprächen, hieß es aus Quellen des Büros des Hohen Repräsentanten. Beide zeigten zwar den Willen, eine Übereinkunft zu treffen, in Wirklichkeit jedoch würden die zwischen beiden Persönlichkeiten getroffenen Vereinbarungen auf eine künftige Verfassungsreform verschoben. Die Polizeibereiche würden gesetzlich festgelegt werden, hieße es in dem Papier. Es bliebe also unklar, ob die Republika Srpska ihre Polizeikräfte in Zukunft behalten darf.

Dodik wollte auf einer Pressekonferenz dazu keine klare Antwort geben. Nun will das Büro des Hohen Repräsentanten den Kompromiss überprüfen und wird den beiden noch einige Fragen zur Präzisierung stellen, berichten die Quellen. Bis zum 15. Oktober, dem Treffen der Außenminister der EU, soll dann aber die Übereinkunft stehen. Noch ist jedoch unklar, ob die anderen politischen Kräfte in Bosnien und Herzegowina dem Kompromiss zustimmen. Immerhin aber ist Bewegung in die bosnische Politik gekommen.

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