Zuwanderung Hochqualifizierter: Union zeigt Blue Card rote Karte

Bildungsministerin kritisiert EU-Pläne zur Zuwanderung Hochqualifizierter: Die Bildung von Deutschen habe Vorrang.

Besteht auf eigenen Zuwanderungsfahrplan: Bildungsministerin Annette Schavan Bild: dpa

BERLIN taz Hochqualifizierte aus dem Ausland sollen sich gefälligst hinten anstellen. So reagierten am Mittwoch Unionspolitiker und die deutsche Fachfrau für Hochqualifizierung, Annette Schavan (CDU), auf die von der EU geplante Blue Card. Deutschland habe in Sachen Zuwanderung "seinen eigenen Fahrplan", sagte die Bildungsministerin. Die Bildung und Weiterbildung von deutschen Arbeitnehmern hätten Vorrang.

Ähnlich kritisierte die bayerische Wirtschaftsministerin Emilia Müller die Blue Card, welche die Zuwanderung von Fachkräften erleichtern sollte. In ihrem Bundesland gebe es 315.000 Arbeitslose. Die Beschäftigung von Frauen und älteren Arbeitnehmern müsse Vorrang haben vor Zuwanderung, sagte Müller.

Dabei gab sich EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso alle Mühe, Bedenken auszuräumen, als er Details des Gesetzentwurfs vorstellte. "Die Blue Card ist kein Blankoscheck", versicherte er. Mit ihr werde kein Zugangsrecht für Einwanderer aus Nicht-EU-Staaten begründet, sondern es handle sich um ein "an der Nachfrage orientiertes Konzept". Sein für Einwanderungsfragen zuständiger Kommissar Franco Frattini assistierte ihm: Österreich habe zunächst protestiert. Seit aber klar sei, dass allein die Mitgliedsstaaten den Bedarf und die Quoten für bestimmte Branchen festlegen werden, sei er "zuversichtlich, dass Wien zustimmen wird".

In der ersten Dezemberwoche werden sich zum ersten Mal die Arbeits- und Innenminister der EU zu einer gemeinsamen Sitzung treffen. Frattini will dann das Paket vorlegen und eine Einigung erreichen. Wie es aussieht, kann die Kommission mit ihrer zweigleisigen Strategie, nach der die Standards und Verfahren für hochqualifizierte Einwanderer in Brüssel festgelegt werden, der Bedarf aber von den Mitgliedsstaaten bestimmt wird, die Widerstände nicht ausräumen. Dabei sprechen die Zahlen für sich. In Australien ist jeder zehnte Beschäftigte ein gut ausgebildeter Einwanderer, in der Schweiz macht diese Gruppe 5,3 Prozent aus. In der EU sind nur 1,72 Prozent der Beschäftigten gut ausgebildete Migranten. In Deutschland jammern Unternehmer über den Fachkräftemangel: 2006 fehlten nach Schätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft 165.000 Spezialisten - vor allem Ingenieure, Techniker und Informatiker. Die Wirtschaftsverbände sehen die Blue Card entsprechend positiv. "Zuwanderung kann sicherlich nicht den Mangel an Fachkräften beheben, aber lindern", sagte der Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau gestern in Brüssel. Die Initiative komme aber zu spät. Der weltweite Wettbewerb um die besten Köpfe habe längst begonnen.

Brüssel trifft daran keine Schuld. Frattinis Vorgänger hatte vor fünf Jahren ein Konzept zur legalen Migration vorgelegt. Angesichts der niedrigen Geburtenraten könne Europa nur bestehen, wenn es sich um Arbeitskräfte aus anderen Teilen der Welt bemühe, lautete sein Credo. Er musste die Gesetzesvorschläge zurückziehen, weil die meisten Mitgliedsstaaten dagegen waren - allen voran Deutschland.

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