Stadtentwicklung: Chinesische Mauer wackelt

Aus der geplanten Chinatown in Oranienburg wird nichts. Bis dato fehlen die Investoren. Besitzer des Baugeländes haben ein Ultimatum bis Jahresende gestellt.

Süße Vielfalt in Beijing - nicht in Oranienburg Bild: Reuters

In Brandenburg droht das nächste Großprojekt zu scheitern. Nach den Subventionsgräbern Cargolifter-Halle in Brand und Chipfabrik in Frankfurt/Oder findet nun die von Planern aus Frankfurt/Oder erdachte "Chinatown Oranienburg" nördlich von Berlin keine Investoren. Das 500 Millionen Euro schwere Projekt soll mit Geldern aus dem Land des Lächelns selbst finanziert werden. Doch bis heute kann von der eigens gegründeten Brandenburg-China Projekt Management (BCPM) Gesellschaft kein Finanzier genannt werden. Noch nicht einmal das künftige Baugelände - ein ehemaliger Militärflugplatz am Oranienburger Stadtrand - hat die BCPM bis dato erworben. Die Brandenburgische Bodengesellschaft, in deren Besitz sich der Flugplatz noch befindet, stellte der BCPM nun eine Frist bis Jahresende, um eine Finanzierungszusage für das Gelände vorzulegen.

"Das Projekt wird kommen", wiegelt BCPM-Geschäftsführer Michael Reiß ab. Dass der ursprünglich geplante Baubeginn im Herbst 2008 nicht mehr zu halten sei, räumt er zwar ein. Momentan sei aber ein chinesischer Mitgesellschafter in Shanghai und Peking, um offensiv um Investoren zu werben. Dies gestaltet sich offensichtlich nicht so einfach wie erhofft. Oranienburgs Bürgermeister Hans-Joachim Laesicke (SPD) bestätigt: "Die Verhandlungen in China verlaufen schwierig."

Bereits im Mai hatte der Oranienburger Stadtrat nach konträren Diskussionen den Weg für die Chinatown freigemacht. Pagoden, Teehäuser, Kräuterläden, Tempel, traditioneller Häuserbau - eine ganze Verkaufs- und Wohnstadt kleinasiatischer Aufmachung sollen nach den Ideen der Planer am Oranienburger Stadtrand entstehen. Umgeben von einer chinesischen Stadtmauer und zwei mächtigen Toren sollen rund 2.000 hauptsächlich chinesische Gewerbetreibende dort Arbeit und Wohnung finden. Es wäre Deutschlands erste Chinatown.

Doch obwohl die BCPM nach dem Stadtvotum ankündigte, nun Tempo machen zu wollen, ist bis heute nichts Vorzeigbares dabei herausgekommen. Ein detaillierter Bebauungsplan fehlt genauso wie die Investoren. Ein vom Land Brandenburg gefordertes Raumordnungsverfahren wurde seitens der BCPM noch immer nicht beantragt. "Sie müssen langsam ihre Schularbeiten machen", fordert denn auch Bürgermeister Laesicke. "Ich würde mir wünschen, dass wir inhaltlich weiter wären."

Reiß begründet die Verzögerungen mit den langwidrigen Verhandlungen mit der Brandenburgischen Bodengesellschaft (BBG) um den Grundstückskauf. Die Vorstellungen für den Kaufpreis des 78 Hektar großen Flugplatzareals hätten "sehr weit auseinander gelegen". Die von der BBG nun gesetzte Frist für die Finanzierungszusage werde man aber einhalten. "Es wird nicht an der kleinsten Zahl scheitern", behauptet Reiß mit Blick auf die Millionenberge, die für das Projekt investiert werden müssen. BBG-Sprecherin Angela Podwitz bekräftigt, die Gespräche abzubrechen, sollte bis Ende Dezember keine Finanzierungszusage vorliegen. Dies käme dem Ende des Projekts gleich.

Denn einen Alternativplan habe man nicht, gibt Reiß zu: "Eine abgespeckte Variante der Chinatown würde nicht funktionieren." Dies sieht auch Bürgermeister Laesicke so. Die Chinatown müsse eine "Superlative", ein "Leuchtturm Chinas in Europa" werden. Daran freilich glauben in der Oranienburger Bevölkerung viele nicht mehr. Er bleibe dennoch "vorsichtig optimistisch", lässt der Bürgermeister verlauten. "Die Stadt hat bei dem Projekt nichts zu verlieren. So schnell werden wir uns von der Idee nicht verabschieden."

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