Gasröhrenstreit: Routensuche für die Ostseepipeline

Schweden findet die umstrittene deutsch-russische Gasleitung "ökologisch problematisch"- und fordert, die Route des Projekts zu verlagern.

Auch Polen und Balten sind nicht scharf darauf, dass die Gasleitungen durch ihr Hoheitsgebiet führt. Bild: dpa

STOCKHOLM taz Die geplante Ostsee-Pipeline muss möglicherweise neu überdacht werden - aus Gründen des Umweltschutzes. Die schwedische Regierung hat das deutsch-russische Betreiberkonsortium Nordstream aufgefordert, alternative Strecken zu prüfen. Nach den bisherigen Plänen führe die Leitung durch "ökologisch problematische und riskante Gebiete", sagte Umweltminister Anders Carlgren. Dort lägen "Minen, Chemieabfälle und chemische Waffen" auf dem Meeresgrund. Die Regierung in Stockholm werde deshalb Alternativentwürfe für eine Strecke östlich der bislang projektierten Route verlangen.

Nach internationalem Seerecht hätte Schweden mit dieser ökologischen Argumentation die Möglichkeit, den Bau der Pipeline durch seine Wirtschaftszone zu verhindern oder jedenfalls jahrelang zu verzögern.

Die mit 5,7 Milliarden Euro Baukosten veranschlagte Pipeline soll die erste Gasleitung von Russland nach Westeuropa sein, die nicht über Land verläuft, und vom russischen Hafen Wyborg bei St. Petersburg durch die Ostsee nach Greifswald führen. Sie soll ab 2010 bis zu 55 Milliarden Kubikmeter sibirisches Erdgas nach Deutschland befördern. Die Vorbereitungen für den Bau sollten 2008 beginnen.

Das Betreiberkonsortium Nordstream gehört zu 51 Prozent dem russischen Monopolisten Gazprom und zu je 24,5 Prozent den deutschen Energiekonzernen Eon Ruhrgas und Wintershall. Eine Streckenänderung lehnt Nordstream ab. Denn bei einer östlicheren Führung läge die Pipeline in der baltischen und polnischen Wirtschaftszone. Und diese Länder sind aus politischen Gründen noch ausgeprägtere Gegner des Projekts.

Deshalb bietet das Konsortium Schweden an, alle problematischen Hinterlassenschaften auf dem Meeresboden im Gebiet der Trasse vor dem Bau zu entfernen. Das halten viele Umweltschutzorganisationen und auch die schwedische Naturschutzbehörde allerdings für zu riskant.

Zu einer noch größeren politischen Hürde könnte ein von Estland initiierter gemeinsamer Vorstoß der baltischen Länder werden. Sie fordern, dass die neue Gasleitung über Land durch das Baltikum und Polen gebaut wird.

Nordstream hat es bisher abgelehnt, diese Variante auch nur zu prüfen. Dabei deutet einiges darauf hin, was bei einer Untersuchung herauskommen könnte: dass eine Landroute billiger wäre und einen geringeren Eingriff in die Umwelt bedeuten würde. Damit würde sich die Pipelineführung durch die Ostsee als eine ausschließlich politisch begründete erweisen. Ein solches Zusammenspiel mit Russland mit dem alleinigen Zweck, EU-Mitgliedsstaaten zu umgehen, dürfte für Deutschland wiederum schwer zu rechtfertigen sein.

Zu der Idee für die Ostsee-Pipeline war es ursprünglich gekommen, weil sich die baltischen Staaten in den 1990er-Jahren einer Landlösung widersetzt hatten. Nun locken sie damit, ihre Haltung geändert zu haben. Die baltische Lösung wäre nicht nur im Sinne einer gemeinsamen EU-Energiepolitik und zum Schutz der Ostsee, heißt es aus Tallinn. Sie sei auch die sicherheitspolitisch bessere Lösung. Schweden wie die baltischen Staaten und Polen fürchten nämlich als Folge der Ostseepipeline eine kräftig wachsende russische Militärpräsenz in der Ostsee. REINHARD WOLFF

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