Zyklon in Bangladesch: Mehr als 4.000 Opfer befürchtet

Nach dem verheerenden Wirbelsturm werden vor allem im Delta-Gebiet immer mehr Leichen entdeckt. Offiziell schon 2.200 Tote. Helfer rechnen mit doppelt so vielen Opfern.

Warten auf die Zuteilung der Hilfsgüter in Bagerhat. Bild: ap

DELHI taz Die Zahl der Opfer des Wirbelsturms "Sidr" in Bangladesch steigt rasch an. Sie wurde von offizieller Seite am Sonntag auf 2.200 erhöht, doch staatliche Katastrophenhilfsorganisation und private Hilfswerke äußerten den Verdacht, dass sie auch das Doppelte betragen könnte.

Das Deltagebiet der Sunderbans, wo der Zyklon in der Nacht auf Freitag mit bis zu 240 Stundenkilometern das Festland erreichte, ist von dichten Mangrovenwäldern und einem Netz von Flüssen und Meereseinlässen bedeckt. Viele Gebiete sind nur mit Schiffen zu erreichen. Aber auch jene mit Straßen- und Fährverbindungen sind oft abgeschnitten, weil tausende umgestürzter Bäumen, Strom- und Telefonmasten die Fahrbahnen blockieren. Rund 10 Millionen Menschen leben in dieser Region, von denen rund ein Viertel obdachlos geworden ist.

Es ist bereits das zweite Mal in diesem Jahr, dass Bangladesch von einer Flutwelle heimgesucht wird. Die Monsunregen vor vier Monaten ließen die Flüsse über die Ufer treten und setzten große Teile im Norden des Landes unter Wasser. Der Wirbelsturm "Sidr" setzte mit seinem Zerstörungswerk im Südwesten des Landes an und schlug eine breite Schneise ins Land, bevor er 400 Kilometer weiter nordöstlich erstarb. Der Sturm soll rund 770.000 Häuser beschädigt oder zerstört haben. Ihm folgte eine Flutwelle, die besonders im ebenen Delta verheerend war. Ein großer Teil der erntereifen Reisfelder soll zerstört worden und das Salzwasser bis weit ins Landesinnere vorgedrungen sein. Der Tod von einer Viertelmillion Tieren und der Verlust tausender von Booten zerstörten auch die wirtschaftlichen Grundlagen einer Bevölkerung, die ohnehin zu den Ärmsten in einem sehr armen Land gehört. Die Hilfe beschränkt sich noch weitgehend auf die Regionen im Innern des Landes, während das Küstengebiet bisher nur aus der Luft und vereinzelt mit Booten versorgt werden konnte.

So groß das Unheil auch ist, es hätte noch viel schlimmer ausfallen können. Experten meinen, "Sidr" habe eine ähnliche Stärke gehabt wie der Zyklon von 1991, dem über 140.000 Menschen zum Opfer gefallen waren. 1970 waren gar eine halbe Million Menschen einem Wirbelsturm erlegen. Das Ausmaß jener Katastrophen hatte damals zur Einrichtung eines Frühwarnsystems und dem Bau einer Kette von Schutzanlagen geführt. Sie haben sich diesmal bewährt. Über 650.000 Menschen hatten nach den ersten Sturmwarnungen ihre Dörfer rechtzeitig verlassen und sich in speziellen Unterständen in Sicherheit gebracht. Doch hat sich die Bevölkerung des Landes inzwischen auf über 150 Millionen verdoppelt. Viele Menschen haben sich seitdem aus Not auf den oft schwimmenden Inseln des Deltas niedergelassen. Für viele von ihnen kamen die Warnungen zu spät und die sicheren Unterstände blieben unerreichbar.

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