Kampf um Ackerfläche: Bäcker gegen Biogas-Bauern

Bayerische Bäcker protestieren gegen Subventionen von Energiepflanzen. CSU-Fraktionschef Schmid: "Der Teller hat Vorrang vor dem Tank".

Die Bäcker haben Angst, dass zu wenig Brotgeteide angebaut wird. Bild: dpa

MÜNCHEN taz Man kennt die Debatte bisher vor allem aus Südländern und vom Palmöl: Wie viele Pflanzen sollen für Agrosprit und Biogasanlagen verwendet werden? Ab wann ist es unethisch lebensmitteltauglichen Mais und anderes Getreide zur Energiegewinnung zu verfeuern oder zu vergären? Jetzt hat die Diskussion um Energiepflanzen auch das Agrarland Bayern erreicht - und einen Lobbystreit zwischen Biogasanlagenbetreibern und Bäckern ausgelöst.

Heinrich Traublinger, Handwerkspräsident, Bäckermeister und CSU-Landtagsabgeordneter, und vier Innungsmeister protestierten in einem Brief an die CSU-Fraktionsführung gegen staatliche Unterstützung von Energiepflanzen. Der mit Subventionen angefachte "Kampf um Ackerfläche" treibe die Getreidepreise immer weiter hinauf und gefährde die Existenz des Bäckerhandwerks.

Biogas-Betreiber bekommen seit der 2004er-Fassung des Erneuerbaren Energien-Gesetzes (EEG) einen sogenannten NaWaRo-Bonus. Wer Strom mittels nachwachsender Rohstoffe - Gülle oder normalem Getreide - erzeugt, erhält einen Zuschlag von 6 Cent pro Kilowattstunde. 2008 steht eine Überarbeitung der Prämienquoten an. Die CSU forderte erst in dieser Woche, die Subventionen beizubehalten.

Geld aus Biogasreaktoren hat sich zum Wirtschafts- und Wahlfaktor gemausert. "Seit der gesetzlichen Förderung haben sich Biogasanlagen für viele Bauern zu einem Standbein entwickelt", so Andrea Horbelt vom Fachverband Biogas. Etwa 1,5 Prozent des bundesweiten Strombedarfs würden mittlerweile durch die 3.700 Anlagen gedeckt. Allerdings würden nur 2 Prozent der deutschen Ackerflächen für Biogas-Energiepflanzen genutzt. Die Kritik der Bäcker sei deshalb völlig überzogen, meint Horbelt. "Die können nicht sagen, dass die Inder weniger essen sollen. Deswegen greift sich das Bäckergewerbe den Nächstmöglichen, um grundsätzliche Kritik am hohen Getreidepreis zu üben."

Auch Agrarfachmann Martin Hofstetter von Greenpeace hält die Kritik der Bäcker für "zu einfach". Natürlich sei der Getreideverbrauch für Biogasanlagen messbar. "Aber Hauptverbraucher für Getreide in der Industrie sind die drei deutschen Ethanolstandorte." Der derzeitige Marktpreis von etwa 22 Euro je Doppelzentner Backweizen läge an solchen Verwendungsformen, aber auch an der weltweiten Knappheit, verursacht durch ungünstige Witterungen in den letzten Monaten und verstärkt durch politische Entscheidungen. Russland habe etwa die Ausfuhrzölle für Getreide massiv angehoben, damit vor den Wahlen die Backwarenpreise nicht steigen. "Der Preis wird aber auch wieder fallen - auf vielleicht 17 oder 18 Euro", glaubt Hofstetter, schließlich seien die Anbauflächen für Winterweizen in der EU massiv ausgedehnt worden.

In der CSU ist der Warnruf der Bäcker dennoch angekommen. "Der Teller hat Vorrang vor dem Tank", beteuerte Fraktionschef Georg Schmid als Antwort auf den Bäcker-Brief. "Wir müssen sehr darauf achten, dass die Erzeugung gesunder Nahrungsmittel Vorrang hat."

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