HIV-Aufklärungskampagne: "Wir dürfen nicht nachlassen"

Die Zahl der HIV-Neuinfizierten ist gestiegen - der Bund investiert in die Prävention. Auch mit einer Aufklärungskampagne mit Samy Deluxe und Christiane Paul.

Schauspielerin und Ärztin Christiane Paul. Bild: sebastian hänel

BERLIN taz Er sieht ein bisschen deplatziert aus zwischen den Kostüm- und Anzugträgern. Rapper Samy Deluxe, breitbeinig, in Oversize-Jeans und mit gegeltem Haar. Nicht mal ein Rednerpult haben sie dem Aids-Botschafter gegeben. Das kriegt nur die Gesundheitsministerin. Anlässlich des Welt-Aids-Tages am kommenden Samstag hat Ulla Schmidt ins Ministerium geladen, um ihre Aufklärungskampagne zu bewerben - daher der Alibi-Promi - und gleichzeitig die neuesten Zahlen des Robert-Koch-Instituts vorzustellen.

Zuerst die Kampagne: An der Wand reihen sich die Plakate mit TV-Köpfen, die mit "eindringlich persönlichen Botschaften" die Krankheit ins Bewusstsein rufen sollen. "Kino ist Fiktion, Aids ist real" kann man da etwa neben der ernst dreinblickenden Schauspielerin Christiane Paul lesen. Samy Deluxe selbst hat einen Song geschrieben: "Krank in the Club". Er habe das Gefühl, in Deutschland seien viele bis zu ihrem 60. Lebensjahr Kapitalisten und würden dann plötzlich eine Stiftung gründen. Er wolle Jugendliche motivieren, sich schon früher zu engagieren. Deshalb darf in diesem Jahr auch jeder Aids-Botschafter werden.

Allerdings sind Jugendliche gar nicht das Hauptproblem: 68 Prozent der 16- bis 20-Jährigen benutzen regelmäßig Kondome. Das sei "vorbildlich", so Schmidt. Dennoch ist die Zahl der Neuinfizierten wieder gestiegen, auch wenn sie mit 3.000 auf einem international relativ niedrigen Niveau bleibt. "Wir dürfen in unseren Anstrengungen, Aids zu bekämpfen, nicht nachlassen", sagt Schmidt. Die Bundesregierung hat die Mittel für die Aids-Prävention nochmals um drei Millionen Euro erhöht.

Die größten Sorgen macht der Ministerin der Anstieg bei homosexuellen Männern über 50 Jahren, also bei einer Gruppe, die gut über Aids informiert ist. Die Generation habe ihr Leben lang gegen Diskriminierung gekämpft, sagt Schmidt. Irgendwann sei der Punkt erreicht, an dem ihnen eine Infektion einfach egal sei. Sven Christian Finke, Vorstand der Deutschen Aids-Hilfe, sieht eine weitere Ursache bei den verbesserten Therapiemöglichkeiten. Viele hätten sich 20 Jahre geschützt und plötzlich aufgehört, weil der Virus den Schrecken verloren habe, sagt Finke. Bei einer Lebenserwartung von 30 Jahren mit HIV fühlten manche nicht mehr den Druck, sich zu schützen.

Diejenigen, die auf Safer Sex verzichten, unterschätzten aber die Nebenwirkungen der Behandlung. "Die Therapie schränkt die Lebensqualität sehr stark ein", sagt Schmidt, "das ist keine Behandlung wie für eine Grippe." Zusätzlich erleiden viele Infizierte und an Aids Erkrankte auch finanzielle Einbußen durch Arbeitsausfälle und höhere Gesundheitskosten. "Länger leben heißt oft: länger in Armut leben", sagt Ulrich Heide, Vorstand der deutschen Aids-Stiftung. SARAH STRICKER

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