Klimaschutz-Maßnahmen in der Kritik: Subventionen für Staudämme
Eine Milliarde Dollar könnte jährlich in den Bau von Staudämmen fließen - zur Finanzierung von Klimaschutz. Umweltschützer kritisieren: Das Geld schadet mehr, als es nutzt.
BERLIN taz Am Ende haben die Proteste der Anwohner nichts genutzt: Seit Mai 2007 produziert der gigantische Staudamm Campos Novos im brasilianischen Bundesstaat Santa Catarina Strom. 3.000 Menschen mussten umziehen, viele von ihnen ohne Entschädigung, den Fischern am Unterlauf des Flusses geht der Fisch aus. Sechs Monate später, im November 2007, bewerben sich die Betreiber von Campos Novos um Subventionen - als Klimaschutzprojekt der Vereinten Nationen.
Hintergrund ist der sogenannte Clean Development Mechanism (CDM) des Kioto-Protokolls: Statt selbst CO2 einzusparen, können Unternehmen in Industrieländern Projekte in Entwicklungsländern bezahlen, die meist kostengünstiger CO2 reduzieren können. In 25 Prozent der Fälle sind das Staudämme. Rund 650 Wasserkraftprojekte haben sich beim UN-Klimasekretariat um Aufnahme in den CDM beworben, 400 davon aus China. Würden alle genehmigt werden, könnte pro Jahr eine Milliarde Dollar als Klimaschutzsubvention in Staudammprojekte fließen. Das hat die Umweltorganisation International Rivers jetzt in einer Studie festgestellt.
"Der CDM subventioniert blind die Zerstörung von Flüssen", beklagt die Autorin der Studie, Barbara Haya. Er verstößt damit nach Ansicht der Umweltschützer gegen seine eigenen Regeln. Denn ein Projekt darf nur dann CDM-Finanzierung bekommen, wenn es ohne die Subvention nicht zustande käme - zum Beispiel teure und sonst unrentable Solarkraftwerke in Afrika oder Biogasanlagen in Vietnam. Bei fertiggestellten Staudämmen wie Campos Novos ist dagegen fragwürdig, ob die Bedingungen erfüllt sind.
International Rivers kritisiert: "Die große Mehrheit der Staudämme würde auch ohne Klimaschutzsubvention gebaut werden." Verdächtig ist für die Staudammgegner vor allem, dass sich fast alle genehmigten Projekte erst ein Jahr vor Abschluss der Bauarbeiten bewarben. Die normale Bauzeit für einen Staudamm beträgt vier bis acht Jahre.
Leser*innenkommentare
bernhard wagner
Gast
Die großen Staudämme sind auch ein Beispiel wie sich sozial & ökologisch nicht-nachhaltige Dinge durchsetzen, mithilfe einer Mischung aus Kapitalmacht großer Unternehmen und dafür anfälliger politischer Verhältnisse, inkl. Unwissenheit und Vorurteile bei vielen Beteiligten. Viele kleine Wasserkraftanlagen, auch fischfreundlich konstruiert, könnten ebenso viel Energie erzeugen wie große Staudämme. Außerdem sind große Staudämme in einigen Jahrzehnten verschlammt und der Beton wird brüchig. Das macht sie langfristig nicht nur weniger effektiv, sondern auch teurer als entsprechend viele kleine Anlagen (Wasserräder oder kleine Turbinen). Weltweit, aber auch speziell in Deutschland wäre das Potenzial für Wasserkraft längst nicht erschöpft, wenn solche kleinen Anlagen gebaut würden und die dazu nötigen Änderungen der Wassernutzungsrechte durchgesetzt würden. Sogar die Grünen machen da z.B. bisher viel zu wenig.