Jugendarbeit: Auf den Spuren der Geschichte

Im Jugend Museum in Schöneberg wird Vergangenheit greifbar: Im Geschichtslabor lernen Schüler durch eigene Forschungen an Objekten etwas über den Nationalsozialismus.

Aufgeregt rutscht Saskia auf ihrem Stuhl hin und her. Gespannt packt sie das vor ihr liegende Päckchen aus - ein Schulranzen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Saskia will wissen, wem er gehörte. Der verblasste Schriftzug mit dem Namen auf der Innenseite lässt ihr keine Ruhe. Die 11-Jährige rückt die Lampe zurecht, hält die Lupe an, bis sie den Namen entziffert hat. Die Sechstklässlerin der Franz-Schubert-Grundschule aus Neukölln ist im Forscherfieber.

Koffer, Fotos, Lederranzen

Anfassen, erforschen, begreifen - so lautet das Motto der neuen Ausstellung im Jugend Museum Schöneberg. Im Rahmen des Bundesprogramms "Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus" hat das Jugend Museum Schöneberg die Projektreihe "Hands on History" entwickelt. Das Geschichtslabor ist der erste Teil der Ausstellungsreihe und soll Kinder auf neue Weise an das Thema Zweiter Weltkrieg heranführen. "Wir wollen ihr Interesse wecken und zeigen, dass man sich ihren Fragen spielerisch nähern kann", sagt Museumsleiterin Petra Zwaka.

Fünf pädagogische Mitarbeiterinnen kümmern sich an diesem Vormittag um die Neuköllner Schulklasse. Die Lehrer müssen draußen bleiben. Zu Beginn der vierstündigen Projektarbeit können sich die Kinder über verschiedene Themen informieren. Von den Anfängen des Krieges über die Deportation der Juden bis zur Kriegsgefangenschaft deutscher Soldaten in Russland. In Comicstrips und Bildergeschichten werden die historischen Zusammenhänge erklärt und dargestellt. Die Kuratorin Johanna Muschelknauz sagt: "Wir haben uns bewusst entschieden, mit Comics zu arbeiten, da wir kein Gruselkabinett erschaffen wollten. Die Comics sind leichter zu verstehen, auch emotional."

Geschichte erhellt Alltag

Viele der markanten Gegenstände, die in den Comics vorkommen, finden sich dann auch in den Schaukästen der Ausstellung wieder. Staunend stehen die Elf- und Zwölfjährigen vor einem der Glaskästen, in dem ein verrostetes Panzerbeil, eine alte Schreibmaschine, eine Kinderzeichnung oder ein mit Patina überzogener Lederranzen liegt.

Im zweiten Teil der Projektarbeit sucht sich jedes Kind einen der Gegenstände aus, zu dem es genauer forschen möchte. Kittel und Handschuhe stehen ebenso bereit wie Forschungsprotokolle oder -bücher, in denen erste Fragen formuliert sind. "Wir hoffen aber, dass die Kinder neue, eigene Fragen an die Geschichte oder die originalen Gegenstände stellen. Über die Forschungsarbeit sollen sie ihre eigene Position finden", so Zwaka. Das scheint zu funktionieren. Mit der Geschichte der Juden im Dritten Reich konfrontiert, sind die Kinder zunächst betroffen - und stellen dann rasch fest, dass Diskriminierung auch in ihrem Alltag stattfindet. So erzählt eine Schülerin, dass sie wegen ihres kurdischen Vaters schon öfter "dumme Sprüche" hören musste und sie dies "nicht versteht. Wir sind alle nur Menschen."

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