Bremens Linke: Unter Kannibalen

Zwei Pressesprecher in einem Monat verschlissen, Chaos in der Buchhaltung und Streit um Personalfragen - nun soll es wieder aufwärts gehen.

Erst im Juni in die Bremische Bürgerschaft eingezogen: Die Linke. Bild: dpa

BREMEN taz Noch hat sich die Linksfraktion in der Bremischen Bürgerschaft nicht komplett zerlegt. Kurz vor Beginn der heißen Wahlkampfphase in Niedersachsen und Hessen haben sich der Landesvorstand der Partei und die Fraktion geeinigt, künftig "an der Überwindung der Inhumanität der kapitalistischen Gesellschaft" mitzuwirken - statt weiter durch Personalentscheidungen der Fraktion aufzufallen.

Eine echte Neuorientierung: Die erste Vertretung der Linken in einem westdeutschen Landtag hat im Sommer die Arbeit aufgenommen. Seit einem Monat ist die dritte PressesprecherIn im Amt. Vakant ist der zuvor an zwei Teilzeitjobber vergebene Posten des Fraktionsgeschäftsführers: Der eine wurde gekündigt und mit der Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters abgefunden. Der zweite wurde abgemahnt und geschasst. Er hatte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende angebaggert. Deren Zurückweisung wollte der 50-jährige Familienvater nicht respektieren - und bombardierte die 27-Jährige mit schwülstigen Mails, in denen von Entführungen und Muscheln die Rede ist.

Die Buchhaltung hat in der Zeit gelitten: Nach einem Krisengespräch hat Bodo Ramelow, Bund-Länder-Koordinator der Partei, einen Entwicklungshelfer aus Sachsen installiert. Der versucht Ordnung in die Papiere zu bringen. "Wenn wir jetzt nichts unternommen hätten", so Ramelow, "wäre uns der Laden bald um die Ohren geflogen." Sehr bald: Immer im Dezember überprüft der Landesrechnungshof die Fraktionen.

Zwist herrscht auch unter den Gewählten selbst: Zu erfahren ist über Streitigkeiten um Ausschussmandate, gegenseitige Zweifel an der jeweiligen Kompetenz, es wird von Lügen und Heckenschützentum gesprochen. Der dreiköpfige Vorstand hat die Vertrauensfrage gestellt - und überstanden. Allerdings nur mit fünf zu zwei Stimmen.

Und die politischen Hintergründe des Streits? Fehlanzeige. Ja, eher scheinen die persönlichen Querelen Irrläufer zu begünstigen. So fiel der bildungspolitische Sprecher Jost Beilken durch die auch verfassungsrechtlich problematische Forderung nach einem "sozial gestaffelten Schulgeld" auf.

Die gemeinsame Erklärung von Fraktion und bremischem Parteivorstand versucht nun einen Schlussstrich: "Lasst uns solidarisch die Wahlkämpfe in Niedersachsen, Hamburg und Hessen unterstützen", heißt es darin. Gut möglich, dass die sich von dem Bremer Club nur eine Form der Beihilfe erhoffen: Stille.

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