Neoliberale Chaoten im Anmarsch

PROTEST Vor zwei Jahren wurde das Hausprojekt Liebig 14 in Friedrichshain geräumt. Statt Trauerarbeit soll es am morgigen Samstag mehrere Kundgebungen gegen Mietsteigerung und Verdrängung geben

„Das, was uns aus dem Haus geworfen hat, funktioniert noch immer in Berlin“

JACOB, EX-LIEBIG-14-BEWOHNER

„Wagenplätze zu Townhouses“ steht derzeit auf gelb-blauen Plakaten überall in Friedrichshain. So ruft die extremistisch-neoliberale Gruppe „Friedrichshainer Patriotische Demokraten“ (FPD) zur Demonstration am Samstag auf. Ab 16 Uhr wollen die Verfechter der Selbstverantwortung ab der Ecke Rigaer Straße/Liebigstraße für Townhouses und gegen „Hungerleider“ im Viertel demonstrieren.

Natürlich ist das Satire. Anlass für den Protest ist der zweite Jahrestag der Räumung des linken Hausprojekts Liebigstraße 14. Das Haus war wie viele andere leerstehende Altbauten in der Wendezeit besetzt und später mittels Mietverträgen von der Wohnungsgesellschaft WBF legalisiert worden. Einige Jahre später verkaufte diese das Gebäude an einen privaten Investor, der den BewohnerInnen fristlos kündigte und schließlich im Februar 2011 gewaltsam räumen ließ. Begleitet wurde der Kampf um das Haus von einer großen Protest- und Solidarisierungswelle. Mittlerweile hat die juristische Aufarbeitung ergeben, dass die Räumung ohne rechtliche Grundlage erfolgte.

Über das Spektrum hinaus

Aber nicht nur die „FPD“ geht am 2. Februar auf die Straße. Das Umfeld der ehemaligen Liebig 14 wird am Startpunkt der Demo bereits ab 12 Uhr eine Mahnwache abhalten. „Es geht uns nicht um Trauerpolitik“, erklärt Jacob, ein ehemaliger Bewohner des Projekts. „Das, was uns aus dem Haus geworfen hat, funktioniert noch immer in Berlin“, sagt er und meint „steigende Mieten, Renditejagd und Umwandlung von Wohnraum in Spekulationsobjekte“. Es gehe nun darum, ein Netz aus Betroffenen und Mietervereinen zu schaffen, das über das linke Hausprojekt-Spektrum hinausreiche. Der Aufstand der Seniorinnen und Senioren gegen den Verkauf ihrer Begegnungsstätte in der Stillen Straße sei da ein guter Anfang.

Einige hundert Teilnehmer erwartet Jacob zur Mahnwache.Von dieser aus soll dann die FPD-Demo „unterwandert“ und schließlich vereinnahmt werden. Ob sich das die Friedrichshainer Extrem-Neoliberalen widerstandslos gefallen lassen, wird sich am Samstag herausstellen. JÖRN WEGNER

■ Die „Patriotischen Demokraten“ im Netz: liberalesfriedrichshain.wordpress.com