Notstand in Pakistan: Verfassung gilt wieder

Der pakistanische Machthaber Musharraf hat den Notstand wieder aufgehoben - doch die Verfassung hat er inzwischen nach seinem Gusto verändert.

Musharraf belässt seinen schärfsten Kritiker, den früheren Obersten Richter auch weiterhin in Haft. Bild: dpa

DELHI taz Pakistans Präsident Pervez Musharraf hat am Samstag den Ausnahmezustand nach sechs Wochen wieder aufgehoben. "Die Verfassung ist wieder in Kraft", erklärte er in einer TV-Ansprache. Grundrechte wie Rede- und Versammlungsfreiheit seien damit wiederhergestellt. Er habe am 3. November "schweren Herzens" den Notstand erklären müssen, da Pakistan der "Untergang" gedroht habe. Doch nun sei die Gefahr gebannt, und der Urnengang am 8. Januar garantiere "faire und transparente Wahlen". Am gleichen Tag schwor das von Musharraf bestellte Oberste Gericht den Eid auf die Verfassung.

Eine Reihe Oppositioneller, darunter der frühere Oberste Richter Iftikhar Chaudhry, bleiben unter Hausarrest. Chaudhry hatte ein Verfahren geleitet, das die Rechtmäßigkeit von Musharrafs Wiederwahl im Oktober prüfen sollte. Als sich andeutete, dass die Richter gegen Musharraf entscheiden würden, wurden sie durch den Notstand abgesetzt.

Die Opposition begrüßte jetzt die Wiederherstellung der Verfassung, aber mit unterschiedlichen Schattierungen. Benazir Bhutto, Chefin der Volkspartei PPP, sah darin einen wichtigen Schritt zur Demokratie und fügte vage an, dies sei aber noch nicht genug. Ein Sprecher der Muslim-Liga (PML-N) von Nawaz Sharif dagegen verglich den Schritt mit dem eines Mörders, der nach der Tat seine Waffe abgebe und meine, er gehöre deshalb freigesprochen. Seine Partei fordere weiter die Wiedereinsetzung der Obersten Richter.

PPP wie PML-N mindern aber durch ihre Wahlteilnahme den Druck auf Musharraf. Dieser hält Bhutto und Sharif am Zügel, wenn er andeutet, er könnte das Gesetz aufheben, das Premiers nur zwei Amtszeiten einräumt - die beide schon hatten. Neben der Nationalen Awami-Partei und der von Ex-Cricketstar Imran Khan ist die Jamaat-e-Islami die einzige Partei von Gewicht, die am Wahlboykott festhält.

Anwälte und Ex-Richter wollen ihre Proteste fortsetzen. Sie machen geltend, dass die Verfassung, die Musharraf wieder eingesetzt hat, nicht mehr dieselbe ist, die er am 3. November suspendiert hatte. Mit einem letzten Dekret hatte er am Freitag sichergestellt, dass er für sein Handeln nicht bestraft werden kann. Alle Notstandsverordnungen wurden zudem Teil der Verfassung. Dazu gehören neben verschärften Medienkontrollen auch Einschränkungen der Unabhängigkeit der Justiz. Die Regierung kann jetzt Richter absetzen und Anwälten, die "regierungsfeindliche Akte" begehen, ihre Lizenz entziehen. Militärgerichte dürfen fortan Zivilisten aburteilen. Solche Bestimmungen müssten laut alter Verfassung mit Zweidrittelmehrheit verabschiedet werden - Musharraf tat es mit einem Federstrich.

"Musharraf ist eine Ein-Mann-Gesetzesfabrik", kommentierte ein Oppositioneller. Dies hinderte die USA nicht, das Ende des Ausnahmezustands und die Wiedereinsetzung der Verfassung als "guten Schritt für das pakistanische Volk" zu bezeichnen.

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