Oberbürgermeister rät von EnBW ab: Stromkonzern zuckt zurück

Oberbürgermeister Boris Palmer rät in lästerlicher Weise von Energie Baden-Württemberg ab. Die EnBW-Leute drohen mit einem Prozess. Doch dann sagen sie den juristischen Streit plötzlich ab.

Zieht klein vor: Boris Palmer. Bild: dpa

Der Konzern Energie Baden-Württemberg EnBW hat eine Attacke gegen Tübingens grünen Oberbürgermeister Boris Palmer zurückgenommen. Erst am Mittwoch hatte das Unternehmen Palmer in einem anwaltlichen Schreiben vorgeworfen, zum Boykott von EnBW aufzurufen, und wollte ihn zwingen, den Bürgern nicht mehr die Stadtwerke Tübingen als Stromversorger zu empfehlen.

Palmer schrieb daraufhin direkt an den Vorstandschef Hans-Peter Villis. In dem Brief verspricht er, künftig auf entsprechende Zeitungsanzeigen zu verzichten. Gleichwohl unterstreicht er darin die Vorzüge der Stadtwerke. Der taz sagte er, er werde weiter die Stadtwerke empfehlen und lasse sich nicht den Mund verbieten. "Wir gehen nicht vor Gericht", sagte ein EnBW-Sprecher. "Unser Ziel, einen fairen Wettbewerb einzufordern, ist erreicht." Villis habe von dem Vorgang nicht gewusst.

Hintergrund ist ein munterer Wettbewerb, der sich in letzter Zeit in der Stadt entwickelt hat. Bisher spielte EnBW dort kaum eine Rolle. 90 Prozent der Tübinger kaufen ihren Strom bei den Stadtwerken. Doch die warben EnBW kürzlich drei Umlandgemeinden ab: Waldenbuch, Ammerbuch und Dettenhausen lassen ihr Stromnetz jetzt von den Tübinger Stadtwerken betreiben. Nach Palmers Worten hat erstmals in Baden-Württemberg ein kommunaler Versorger außerhalb der Stadtgrenze EnBW ausgestochen.

Seither ist der Konzern in Tübingen schwer aktiv. Visavis von Palmers Rathaus eröffnete ein EnBW-Kundenbüro. Im Schwäbischen Tagblatt warb EnBW um Kunden. Darin betonte der Konzern, der vier Atomreaktoren betreibt, sein Engagement für erneuerbare Energien. Die Stadtwerke schalteten ihrerseits eine Anzeige im Tagblatt. Darin bittet der OB die Leser, die Stadtwerke vorzuziehen. Diese finanzierten Schwimmbäder und Busse statt Vorstandspensionen. Damit spielte Palmer auf Bezüge des Ex-EnBW-Vorstandschefs Utz Claassen an. Weiter stichelte er, die Stadtwerke zahlten in Tübingen Gewerbesteuer und nicht Dividenden an Paris. Großaktionär von EnBW ist der Megakonzern Électricité de France.

"Dass diese Werbeanzeige gegen jegliche Regeln des Wettbewerbsrechts verstößt, dürfte auf der Hand liegen", schrieb eine Anwaltskanzlei im Auftrag von EnBW und drohte mit einem Prozess. Palmer rufe zu einem Boykott auf. Ein OB dürfe das Vertrauen in seine Autorität nicht nutzen, um den Wettbewerb zu steuern. Zudem setze Palmer EnBW herab, indem er auf die Zahlung von Pensionen und Dividenden hinweise. Verlangt wurden eine Unterlassungserklärung und Überweisung von 1.780,20 Euro Anwaltskosten. Daraus wird jetzt nichts.

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